Landespolitik:Ring-Kampf

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Es geht mal wieder um die Wurst - ein Thema, bei dem oft die Emotionen hochkochen. Diesmal: Ein Landesminister setzt sich für saarländischen Lyoner ein. Das allerdings schmeckt nicht jedem der Beteiligten.

Von Denis Schnur

Strahlend steht er da, der vermeintliche Held der politischen Sommerpause im Saarland und posiert mit Fleischwurst-Ringen. Saarländische Medien erzählen zurzeit gerne die Geschichte der Lyoner-Rettung in letzter Minute: Nur der beherzte Einsatz von Verbraucherminister Reinhold Jost habe das kleinste deutsche Flächenland vor dem Super-Gau gerettet: dem Ende des Saar-Lyoners. Denn beinahe wäre der europäische Markenschutz für die Wurstspezialität ausgelaufen. Das kulinarische Aushängeschild des Landes hätte plötzlich auf einer Stufe mit der gemeinen Fleischwurst gestanden - eine unvorstellbare Katastrophe für die saarländische Identität.

So dramatisch, wie ihn Medien und vermeintliche Retter im Nachhinein darstellen, war der Fall jedoch nicht. Die EU-Markenrechte an dem saarländischen Lyoner (im Saarland heißt es der Lyoner) hält die Fleischinnung Saar. Sie wird beim europäischen Harmonisierungsamt in Alicante jeweils für zehn Jahre beantragt - eine Formsache, die etwa 3000 Euro kostet. Den 80 Innungsbetrieben war die Verlängerung das Geld aber nicht mehr wert. Die Innung wollte den Schutz daher auslaufen lassen, Geld sparen. Man habe wirtschaftlich denken müssen, nicht nur emotional, erklärt Geschäftsführer Markus Strauß. Lyoner hätte man ja dennoch weiter produziert.

Dabei unterschätzte Strauß, wie emotional viele andere Saarländer beim Lyoner denken. Nicht weniger als die regionale Identität sahen die bedroht. Das wollte ein IT-Unternehmer nicht hinnehmen und stellte einen Spendenaufruf zur Rettung des Lyoners online. Regionalmedien sprangen ihm zur Seite. Binnen weniger Tage kamen 1000 Euro zusammen.

Und auch der vermeintliche Held, Minister Jost, trat in Aktion: Der Sozialdemokrat lud zum "Lyoner-Gipfel" nach Saarbrücken. Zwar durfte er das fehlende Geld nicht aus der Ministeriumskasse dazugeben, dafür versprach er, das in anderer Form nachzuholen: Wenn der Lyoner geschützt bleibe, werde die Fleischinnung in das Regionalvermarktungskonzept des Landes aufgenommen. Heißt: Kostenlose Werbung und Beratung für die meist mittelständischen Betriebe. Schnell fanden sich daraufhin Firmen, die das Geld beisteuern. Und Jost kann sich seitdem als Retter des Lyoners feiern lassen.

Die Gewerkschaft wundert sich, und rügt die Arbeitsbedingungen in den Fleischbetrieben

Kehrt damit also Ruhe ein im kleinen Bundesland? Nicht ganz, denn das Drama um die Wurst-Kringel hat auch die Gewerkschaft Nahrung Genuss und Gaststätten (NGG) auf den Plan gerufen: Die kritisiert die Arbeitsbedingungen in den nun unterstützten Betrieben schon lange: "Gute Arbeit, faire Tarifeinkommen - all das findet dort nicht statt", bemängelt Geschäftsführer Mark Baumeister. Nur einer der Betriebe sei tariflich gebunden. Bei dem Rest seien Leistungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld meist Fremdwörter. Dass ausgerechnet diese Firmen Landeshilfe erhalten sollen, ist ihm unverständlich.

Im Gespräch mit der SZ erzählt er zudem, dass der Markenschutz nie wirklich in Gefahr gewesen sei: Innerhalb der NGG gab es Pläne, im Falle des Auslaufens Geld zu sammeln und sich die Rechte selbst zu sichern. Anschließend hätte man Betrieben, die Lyoner produzieren und bewerben, fairere Arbeits- und Tarifbedingungen auferlegen können. Baumeister weiß aber auch: "Das hätte einen großen Aufschrei im Saarland gegeben."

© SZ vom 21.08.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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