Labour:Nicht Flash, nur Gordon

Lesezeit: 2 min

Großbritanniens solider Premier Brown ist beliebter als gedacht. Die Chancen steigen, dass er schon im Oktober neu wählen lässt.

Wolfgang Koydl, London

Jedes Kind in Großbritannien kennt Flash Gordon, den tollkühnen, blitzschnellen und unwiderstehlichen Comic-Raumfahrer. Und jeder Erwachsene in Großbritannien weiß, dass es keinen größeren Gegensatz zu diesem Action-Helden geben kann als den grauen, grummelnden und übervorsichtigen anderen Gordon mit dem Nachnamen Brown, den Premier des Vereinigten Königreiches. Auf den ersten Blick musste es also wie ein Akt professionellen Harakiris anmuten, als die Werbeagentur "Saatchi and Saatchi" in ihrem ersten, jemals für die Labour Party produzierten Wahlplakat einen zerknitterten und unfrisierten Regierungschef abbildete und den Slogan hinzufügte: Nicht Flash, nur Gordon.

Britischer Premier Brown: Gute Zustimmungswerte (Foto: Foto: AFP)

Doch tatsächlich war die Idee ein Geniestreich. Sie spiegelt wider, was eine Mehrheit der britischen Wähler an ihrem neuen Premier schätzt und weshalb Brown weich gepolstert von positiven Umfragewerten in seinen ersten Parteitag als Labour-Führer geht: Nach dem Talmi des politischen Jahrmarktsschreiers Tony Blair sehnt sich die Nation nach Solidität und Stabilität. Brown mag zwar langweilig sein, aber dafür erscheint er als zuverlässig.

Umgekehrt verliert Tory-Führer David Cameron genau deshalb an Sympathien: Es rächt sich, dass er als Erbe Blairs antrat. Browns überraschend positives Image ist denn auch der Grund, weshalb alle Krisen der vergangenen Monate - Terror, Flut und Seuchen - an ihm nicht nur abperlten, sondern in der Wählergunst zusätzlich stärkten. Sogar der Ansturm auf die Northern Rock-Bank und die späte und wackelige Rettungsaktion der Bank of England stärkte indirekt den Ruf des Premiers: Wenn alles ins Rutschen gerät, klammert man sich an Bewährtem fest.

Der Labour-Parteitag im südenglischen Seebad Bournemouth wird deshalb eine Huldigungsschau für Brown sein, wie sie noch im vergangenen Jahr wohl niemand für möglich gehalten hätte. Damals hatte der ewige Kronprinz Brown eine Kabale gegen Blair angezettelt, die jedoch schmählich aufflog. Mit Tränen in den Augen nahmen die Delegierten Abschied von ihrem Tony, und mehr als nur manche mochten sich gewünscht haben, dass er seine Rücktrittsankündigung doch nicht wahr machen möge.

Blair ist vergessen

Doch Blair ist vergessen, als ob es ihn nie gegeben hätte, und die Umfragewerte für Brown persönlich und für seine Partei sind so vielversprechend und verlockend, dass die Labour-Heerschau ganz im Banne von Spekulationen über eine vorgezogene Neuwahl stehen wird. Britische Premierminister genießen das Privileg, einen Wahltermin selbst festsetzen zu dürfen. Das bedeutet, dass womöglich schon am 25. Oktober ein neues Unterhaus bestimmt werden könnte, wenn Brown das so entscheidet.

Vieles spräche für eine Blitzwahl, nicht nur die Umfragen und der desolate Zustand der beiden Oppositionsparteien der Konservativen und der Liberaldemokraten. Ganz klar zeichnet sich ab, dass der kommende Winter negative Schlagzeilen für die Regierung bringen wird: Der öffentliche Dienst hat gedroht, die von Brown angekündigten Reformen mit unpopulären Streiks zu Fall zu bringen, der lästige EU-Verfassungsvertrag muss gegen den Widerstand von Kritikern in den eigenen Reihen durchs Parlament gebracht werden, und auch was die Wirtschaft angeht, ziehen anscheinend dunkle Wolken auf.

Wenn er ein eigenes Mandat der Wähler sucht, so die Logik, soll Brown es jetzt tun, und nicht, wenn das Gewitter losgebrochen ist.

© SZ vom 24.9.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: