Labour:Eine zerrissene Partei

Die britische Linke steht wieder da, wo sie bereits vor einem Jahr stand.

Von Christian Zaschke

Im Grunde steht die britische Labour-Partei wieder da, wo sie vor einem Jahr stand. Die Basis hat mit großer Mehrheit einen Vorsitzenden gewählt, den die Fraktion nicht will, und es ist erneut Jeremy Corbyn, der als Sieger hervorging. Der Unterschied: Diesmal war die Wahlbeteiligung noch höher, und diesmal ist sein Vorsprung noch größer. Während Theresa May Parteichefin der Konservativen und damit Premierministerin wurde, weil es am Ende keine Gegenkandidaten mehr gab, kann Corbyn auf ein demokratisches Mandat verweisen.

Dass er dennoch umstritten ist, liegt daran, dass die Labour-Partei zerrissen ist wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Das Gros der Abgeordneten gehört dem liberalen Flügel an, das Gros der Mitglieder hat jedoch mit der Wahl zum Ausdruck gebracht, dass es sich eine deutlich linkere Ausrichtung der Partei wünscht.

Die Fraktion hatte gehofft, den Führungsanspruch Corbyns unterminieren zu können. Stattdessen ist er nun stärker als zuvor. Das bedeutet für beide Seiten eine große Verantwortung. Corbyn muss seine Gegner einbinden, und die Fraktion muss akzeptieren, dass Corbyn ihr demokratisch gewählter Chef ist, so sehr ihr das gegen den Strich geht. Werden beide Seiten der Verantwortung nicht gerecht, droht die Spaltung. Das wäre das Schlimmste, was der Partei passieren könnte; damit wäre sie im britischen Mehrheitswahlrecht erst einmal erledigt.

© SZ vom 26.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: