Kurt Becks Pläne:Elternparadies Rheinland-Pfalz

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Der Kindergarten-Besuch soll für alle kostenlos werden. Außerdem ist bis 2010 ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz geplant.

Detlef Esslinger und Felix Berth

Vor drei Monaten kämpfte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck um seine Wiederwahl. Hätte ihm damals im Wahlkampf einer vorhergesagt, erstens werde er die absolute Mehrheit holen, zweitens bei seiner Regierungserklärung auch SPD-Chef sein - Beck, der für Phantastereien wenig übrig hat, hätte das Gespräch wohl gelangweilt abgebrochen.

Nun, alles ist so phantastisch gekommen, dass Beck sich am Dienstag gleich zu Beginn seiner Regierungserklärung in Mainz zu einem Versprechen an die Rheinland-Pfälzer veranlasst sah: Mit ganzer Kraft werde er sich weiter für sie einsetzen, sagte er; und dies trotz der bundespolitischen Verantwortung, die ihm aufgetragen sei. Von da an sprach Beck nur noch über Hunsrückbahn, Steillagen-Weinbau und Hochwasserschutz am Oberrhein.

Flächendeckender Luxus

In der Öffentlichkeit dürfte jedoch am meisten die Passage zur Kenntnis genommen werden, die sich mit den Kindergärten beschäftigte. Als erstes Bundesland will Rheinland-Pfalz den Kindergartenbesuch beitragsfrei machen. Außerdem wird das Land vom Jahr 2010 an allen Kindern einen Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz sichern - und dies bereits vom zweiten Lebensjahr an.

Die Ankündigung Becks basiert auf einem Konzept, das Bildungsministerin Doris Ahnen (SPD) im Februar 2005 vorlegte. Es ist der Mix aus Beitragsfreiheit und Rechtsanspruch, die Bildungs- und Familienexperten zu einer positiven Bewertung kommen lässt - und Kommunalpolitiker zu einer skeptischen.

"Ein wichtiger Impuls", sagt zum Beispiel Thomas Rauschenbach, der Leiter des Deutschen Jugendinstituts in München. Denn normalerweise ist in Deutschland nicht der Mangel an bezahlbaren Kindergartenplätzen das Problem, sondern der Mangel an solchen Plätzen überhaupt.

Skeptische Kommunen

Lediglich beitragsfreie Kindergärten zu versprechen, geht also am Bedarf der meisten Eltern vorbei. "Statt einer finanziellen Subvention für ihr erstes Kind im Kindergarten hätten sie lieber einen Krippenplatz für ihr zweites", sagt Rauschenbach. In Rheinland-Pfalz gibt es nun einen Regierungschef, der flächendeckend Luxus ankündigt: kostenlose Kita für alle.

Die Skepsis in den Kommunen nährt sich aus einer anderen Stelle in Becks Regierungserklärung. Zwar versprach er den Kommunen, die Kosten für zusätzliche Plätze ebenso zu erstatten wie die künftig ihnen entgehenden Einnahmen. Aber er sagte auch, dass seine Regierung insgesamt am "Kurs der strikten Ausgabenbegrenzung" festhalten werde.

So seriös dies ist, für den Bürgermeister von Neustadt an der Weinstraße, Ingo Röthlingshöfer (CDU), heißt dies, dass es für die Gemeinden auf lange Sicht weniger Geld aus dem Kommunalen Finanzausgleich geben wird, trotz einer gegenteiligen Vereinbarung: "Dies ist der einzige Topf, in dem noch nennenswert Geld ist."

Röthlingshöfer hält deshalb wenig davon, die Kitas beitragsfrei zu machen - zumal Beck auch noch deren Qualität verbessern will. Wenn zum Beispiel dort mehr als bisher auch Bildung stattfinden soll, muss das Personal dafür trainiert werden. Die Kitas werden also mehr Geld als bisher benötigen. "Warum also auf Beiträge zur Finanzierung völlig verzichten?", fragt Röthlingshöfer. Für Eltern, die sich diese nicht leisten können, springt ohnehin das Jugendamt ein.

© SZ vom 31.05.06 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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