Kundenbewertungen:Ruhig. Ruhig?

Der Internetversandhändler Amazon geht jetzt gegen gefälschte Produktempfehlungen vor. Endlich.

Von Johannes Boie

Ein Foto des Reiseunternehmens zeigt: Das Urlaubshotel befindet sich an einem ruhigen Strand. Und darunter schwärmen mehrere Kunden von ihrem Urlaub in exakt jenem Hotel. Dass hinter dem Haus eine laute Baustelle ist, schreibt niemand.

Kein Wunder. Sehr viele Bewertungen im Netz sind gefälscht. Es lässt sich nicht einmal sagen, wie viele gefälscht sind, denn die Fälschungen sind in aller Regel sehr gut gemacht, mit glaubwürdigen Namen, plausiblen Meinungen und authentischen Rechtschreibfehlern. Längst ist aus dem Betrug ein Geschäftsmodell entstanden, weltweit bieten professionelle Firmen erfundene Meinungen gegen Geld an: Lob für den Auftraggeber, oder auch Kritik für die Produkte der Konkurrenz. Amazon verklagt jetzt vier dieser Betrüger.

Das ist ein richtiger Schritt. Denn die Fälschungen schaden vielen: vor allem den Konsumenten, die im Internetzeitalter den Anspruch auf objektive Beurteilungen haben sollten. Aber auch Händler wie Amazon leiden unter dem Betrug. Mit jeder Pseudo-Rezension verlieren sie Glaubwürdigkeit. Und wer kauft bei einem Händler, der nicht glaubwürdig ist? Schließlich sind da noch die Hersteller, bei denen sich nicht mehr diejenigen durchsetzen, die die beste Leistung zum angemessenen Preis bieten, sondern die, die das meiste Geld für erlogenes Lob bezahlen. Das muss aufhören, oder all die Transparenz im Netz richtet bloß Schaden an.

© SZ vom 11.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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