Krise in Kenia entschärft:Koalition unter Feinden

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Hoffnung auf ein Ende der Gewalt in Kenia: Präsident Kibaki macht Oppositionsführer Odinga zum Premierminister. Die Aufarbeitung der Krise steht immer noch am Anfang.

Arne Perras, Kampala

Kenias Präsident Mwai Kibaki hat nach langen Streitereien sein neues Kabinett in Nairobi vorgestellt. Am späten Sonntagnachmittag ernannte er Widersacher Raila Odinga von der Opposition zum Premierminister.

Die Rivalen teilen nun die Macht: Präsident Kibaki (re.) und sein neuer Premier Odinga (Foto: Foto: Reuters)

Damit beendeten die rivalisierenden Lager in Kenia einen sechswöchigen Disput um Posten und Kompetenzen in einer großen Koalition. Dies nährt die Hoffnung, dass sich das ostafrikanische Land nun politisch weiter stabilisiert und die Versöhnung der verfeindeten Ethnien im Vielvölkerstaat voran kommt.

Ende Februar hatten Regierung und Opposition unter Vermittlung des ehemaligen UN-Generalsekretärs Kofi Annan einen Friedens-Pakt geschlossen, um die blutige Krise nach den umstrittenen Wahlen Ende Dezember zu beenden. Seither warteten die Kenianer auf ihre neue Regierung. In der großen Koalition behält Präsident Mwai Kibaki seinen Posten, Oppositionsführer Raila Odinga übernimmt das Amt eines neu geschaffenen Premierministers, dazu gibt es zwei Vize-Premiers - Uhuru Kenyatta aus Kibakis PNU und Musalia Mudavadi von Odingas ODM.

Bis zuletzt war um die genaue Aufteilung der Kompetenzen und Ressorts zwischen den beiden Machtzentren gestritten worden. Außerdem lastete großer Druck auf Kibaki, einige seiner Getreuen von der Kabinettsliste zu streichen, um Platz für Minister des "Orange Democratic Movement" (ODM) unter der Führung Odingas zu machen. Großes Misstrauen belastete das Verhältnis der beiden Lager.

Am 6.April hatten sich Regierung und Opposition darauf geeinigt, ein Kabinett mit 40 Ministern zu bilden, doch danach war die Einigung immer wieder in letzter Minute gescheitert. Vergangene Woche waren angesichts der Verzögerungen erneut gewaltsame Proteste in Nairobis großem Elendsviertel Kibera und im Westen Kenias aufgeflammt.

Viele Kenianer sind frustriert, dass die Politiker in Nairobi so lange taktieren. Diplomaten befürchten, dass es bei weiteren Blockaden zu neuer Gewalt in dem ostafrikanischen Staat kommen könnte. Milizen rivalisierender Ethnien belauern sich noch immer, Scharfmacher auf beiden Seiten können sie wieder mobilisieren, wenn eine neue Krise aufbricht.

Deine funktionierende große Koalition gilt als Voraussetzung, um einen langfristigen Plan zur Versöhnung und zum Wiederaufbau umzusetzen, der die Wunden der blutigen Unruhen im Januar und Februar heilt. Bei den Kämpfen zwischen verschiedenen Ethnien Kenias waren Anfang des Jahres mehr als 1200 Menschen ums Leben gekommen, mehrere hunderttausend wurden aus ihren Heimatorten vertrieben.

Es waren die schlimmsten Gewaltausbrüche seit der Unabhängigkeit des Landes im Jahr 1963. Manche Gebiete im Westen Kenias glichen einem Kriegsgebiet. Der zuvor aufblühende Tourismus brach ein, die Wirtschaft in der ganzen ostafrikanischen Region hatte schwer zu leiden. Kaum ein kenianischer Flüchtling ist bisher in seine frühere Heimat zurückgekehrt, die meisten harren bei Verwandten oder in großen Lagern aus. Die Aufarbeitung der Krise steht immer noch am Anfang.

© SZ vom 14. April 2008 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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