Krieg im Gaza-Streifen:Vergiftete Treueschwüre

Lesezeit: 2 min

Unmut im Nahen Osten: Vor allem Ägypten scheint nicht ganz unglücklich darüber zu sein, dass Israel die islamistische Terrororganisation Hamas mit Gewalt bekämpft.

Rudolph Chimelli

Ägypten habe die Hamas über Israels Angriffspläne auf Gaza bewusst falsch unterrichtet. Dies behauptet die in London erscheinende Zeitung al-Kuds al-Arabi unter Berufung auf arabische diplomatische Quellen.

Anti-Israel-Proteste in Beirut: Der Zorn der arabischen Welt richtet sich auch zunehmend gegen Ägypten. (Foto: Foto: dpa)

Danach hat der Chef des ägyptischen Geheimdienstes, General Omar Suleiman, mehrere arabische Staatschefs wissen lassen, Israel plane einen "begrenzten Angriff", um die Hamas-Führung zu einem neuen Waffenstillstand zu bewegen. Hamas hingegen habe aus Kairo eine ganz andere Version erhalten.

Danach sei der Hamas am Freitagabend vergangener Woche, wenige Stunden vor Beginn der Luft-Offensive, von Ägypten mitgeteilt worden, Israel sei zu neuen Verhandlungen bereit und werde nichts unternehmen, bevor Ägypten eine Regelung zustandegebracht hätte.

Für diese Information beruft sich die Zeitung auf den früheren Palästinenser-Außenminister Mahmud al-Sahar, der heute der Hamas-Führung in Gaza angehört. Dadurch in Sicherheit gewiegt, habe Hamas am Samstag ihre Stellungen nicht geräumt und schwere Verluste erlitten.

Omar Suleiman, dem Ägyptens Präsident Husni Mubarak seit Jahren alle wichtigen Missionen in Sachen Israel/Palästina anvertraut, wird von der Londoner Zeitung mit der Äußerung zitiert: "Die Hamas-Führung muss an kürzere Zügel genommen werden, auch in Damaskus."

Dies habe der General, der als einer der Kronprinzen Mubaraks gilt, letzte Woche zu Amos Gilad gesagt, dem Chef der israelischen Sicherheitsmission in der ägyptischen Hauptstadt. Ägypten habe nichts gegen einen begrenzten israelischen Einfall nach Gaza, der die Hamas-Herrschaft stürzen und das Leiden der Einwohner beenden könnte.

Suleiman ist nach diesen Berichten erbittert darüber, dass die Hamas sich einem Arrangement mit der rivalisierenden Fatah widersetzt. Angeblich nannte er die Hamas "eine Bande" und deren Führung "Rabauken", befallen von Größenwahn, die sich um Ägypten nicht kümmerten. "Sie müssen aus ihren Träumen geweckt werden." An erster Stelle machte er den Chef des Hamas-Politbüros in Damaskus, Chaled Maschaal, verantwortlich.

Je mehr von diesen vorausgegangenen Wortgefechten bekannt wird, umso stärker richtet sich auch bei den Protesten gegen das israelische Vorgehen der Zorn gegen Ägypten. Vielerorts in der arabischen Welt kam es am Montag erneut zu Demonstrationen.

Der Chef der ägyptischen Muslim-Brüder, Mohammed Mehdi Akef, kommt in dem algerischen Blatt l'Expression mit dem Urteil zu Wort: "Ich nehme auch Ägypten in die Verantwortung. Tzipi Livni (Israels Außenministerin) war in Kairo und hat genau angekündigt, was passieren wird." Mubarak - so l'Expression - habe im Gespräch mit der Ministerin den Vorbehalt gemacht, es dürfe "keine kollektive Bestrafung" geben. Sein Außenminister Ahmed Abul-Gheit wird mit der Äußerung zitiert: "Ägypten hat klargestellt, dass Israel Mäßigung zeigen muss." Suleiman wiederum habe darauf bestanden, Verluste unter der Bevölkerung seien zu vermeiden, um nicht die arabische Meinung gegen Ägypten aufzubringen.

Der libysche Revolutionsführer Muammer Gaddafi forderte die arabischen Staatschefs abermals zu konkreten Schritten gegen das "barbarische, nazihafte, faschistische Vorgehen" der Israelis auf. Die arabische Friedens-Initiative-Anerkennung Israels gegen Räumung aller besetzten Gebiete - müsse zurückgezogen werden.

© SZ vom 30.12.2008/cag - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Israel gegen die Hamas
:Krieg im Gaza-Streifen

Explosionen und Raketen, überfüllte Krankenhäuser und Trümmerberge: Bilder einer Region im Krieg.

Jetzt entdecken

Gutscheine: