Konzernsteuern:Brüssel geht gegen Ikea vor

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Deals mit niederländischen Finanzbehörden: Die EU-Kommission verdächtigt den schwedischen Möbelhersteller, zu wenig oder gar keine Steuern gezahlt zu haben.

Von Alexander Mühlauer, Brüssel

Die Europäische Kommission hat die Steuerdeals des schwedischen Möbelkonzerns Ikea mit den Niederlanden ins Visier genommen. "Es geht nicht, dass Mitgliedstaaten es bestimmten Unternehmen gestatten, weniger Steuern zu zahlen, indem sie ihre Gewinne künstlich woandershin verlagern dürfen", sagte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager am Montag. Die Brüsseler Behörde werde deshalb die Steuerkonstrukte des Konzerns "sorgfältig prüfen". Erhärtet sich der Verdacht, dass Ikea "einen unfairen Vorteil" gegenüber anderen Firmen erhalten und damit gegen EU-Recht verstoßen habe, müssten die Niederlande Steuern nachfordern. Ikea wies den Vorwurf womöglich illegaler Steuervorteile zurück.

Nachdem die EU-Kommission in ähnlichen Fällen bereits gegen mehrere US-Konzerne vorgegangen ist, leitete die Behörde nun eine "eingehende Prüfung der steuerlichen Behandlung" des schwedischen Unternehmens in den Niederlanden ein. Ikea hatte in den 1980er-Jahren sein Geschäftsmodell auf Franchising umgestellt, also auf die Vergabe von Konzessionen an regionale Partner, die unter der Marke Ikea Möbelhäuser betreiben. Diese müssen drei Prozent ihres Umsatzes an Inter Ikea Systems in den Niederlanden abführen.

Die EU-Kommission entwirrte bei ihren bisherigen Untersuchungen ein kompliziertes Geflecht mehrerer Firmen, zwischen denen diese Einnahmen verschoben wurden. Dies führte laut der Behörde dazu, dass offenbar entweder zu wenig oder gar keine Steuern gezahlt wurden. Dabei gab es den Angaben zufolge zwei Phasen: Von 2006 bis 2011 lief das System von den Niederlanden aus über eine Luxemburger Holding, seit 2012 von den Niederlanden über eine Stiftung in Liechtenstein.

Das Steuerkonstrukt von Ikea wurde bereits im Zuge der Lux-Leaks-Enthüllungen weitgehend offengelegt. Aufmerksam wurde die EU-Kommission darauf auch durch einen Bericht der Grünen im Europäischen Parlament. Demnach hat Ikea "in Europa zwischen 2009 und 2014 mindestens eine Milliarde Euro an Steuern vermieden". Zu möglichen Schadenssummen oder Steuernachforderungen wollte sich die Brüsseler Behörde am Montag nicht äußern. Nach Schätzungen der Kommission verlieren EU-Staaten durch Steuervermeidungen von Großkonzernen bisher jährlich 50 bis 70 Milliarden Euro.

Die Regierung in Den Haag kündigte an, im Fall Ikea mitwirken zu wollen. Ein Finanzstaatssekretär betonte, die Einleitung einer offiziellen Prüfung bedeute noch nicht, dass es tatsächlich unzulässige staatliche Beihilfen gegeben habe. Er werde eine unabhängige Kommission mit einer Untersuchung beauftragen, sagte der Regierungsvertreter laut Nachrichtenagentur ANP. Für eine Bevorteilung einzelner Firmen dürfe es keinen Spielraum geben.

Die Niederlande waren zuletzt aufgrund eines Steuerdeals mit dem Sportartikelkonzern Nike in die Kritik geraten. Die Paradise Papers offenbarten, wie eine Absprache mitentscheidend für die Vermeidung von Milliarden an Steuern war. Nike nutzt die Niederlande als Europazentrale, zieht dort Gewinne zusammen und kann sie weitgehend unbesteuert belassen.

© SZ vom 19.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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