Konjunkturpaket II:Straßen, Schulen, Krankenhäuser

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Brainstorming für die Konjunktur: Die Koalition treibt die Sorge um, dass die Maßnahmen im Kampf gegen die Rezession nicht ausreichen. Im Stillen arbeitet sie längst an einem zweiten Konjunkturpaket - und zeigt sich offen für kreative Vorschläge.

G. Bohsem, S. Höll, C. Hulverscheidt

In der großen Koalition wird allen Dementis zum Trotz an einem zweiten Programm zur Konjunkturbelebung gearbeitet. Wie am Dienstag übereinstimmend aus Unions- und SPD-Kreisen verlautete, wächst regierungsintern die Sorge, dass die bisherigen Maßnahmen im Kampf gegen die Rezession nicht ausreichen. Deshalb werde sowohl in den Fraktionen als auch in den maßgeblichen Ministerien "ohne jedes Denkverbot" überlegt, was zusätzlich getan werden könnte.

Über die Modernisierung von Straßen, Schulen und Krankenhäusern sollte Unions-Fraktionschef Volker Kauder zufolge gesprochen werden. Daneben diskutiert die Union offenbar auch kreative Vorschläge. (Foto: Fotos: ddp, dpa, AP)

Offiziell wollen die Koalitionspitzen am 5. Januar erörtern, ob weiterer Handlungsbedarf besteht. Erst wenn diese Frage bejaht wird, soll über konkrete Maßnahmen entschieden werden. Um für einen solchen Fall gerüstet zu sein, ist die Debatte aber bereits in vollem Gange.

Unions-Fraktionschef Volker Kauder sagte beim CDU-Parteitag, im Januar müsse darüber gesprochen werden, "wo wir Nachholbedarf haben". Als Beispiel nannte er den Ausbau und die Modernisierung von Straßen, Schulen und Krankenhäusern. "Das muss energisch in Angriff genommen werden", so Kauder.

Neben öffentlichen Investitionsprogrammen wird unionsintern auch über zahlreiche andere Maßnahmen diskutiert. Wie aus der CDU-Führung verlautete, ist etwa denkbar, dass der Einbau sogenannter "intelligenter Stromzähler" staatlich gefördert wird. Mit deren Hilfe kann der Energieverbrauch reduziert werden.

Sympathie für ein weiteres Programm zur Sanierung öffentlicher Gebäude gibt es auch in der SPD-Führung, weil dies Arbeitsplätze, vor allem im Handwerk, sichern könnte. Die SPD-Bundestagsfraktion wollte sich am Dienstagnachmittag zudem erstmals mit einem konkreten Vorschlag zur Belebung des privaten Konsums befassen.

500-Euro-Gutschein für alle Bundesbürger

In dem Papier, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, wird vorgeschlagen, einen Gutschein über 500 Euro an alle erwachsenen Bürger zu verschicken. Damit könnten Konsumgüter gekauft oder Handwerkerrechnungen beglichen werden. Wirksam wird der Gutschein nur, wenn er mit einem Eigenanteil von 200 Euro aufgestockt wird.

Für Sozialhilfe- und Hartz-IV-Empfänger entfällt diese Zuzahlung. Auch Kinder und Jugendliche müssten nichts drauflegen, erhalten dafür aber lediglich 250 Euro. Laut Modell haben die Bürger nach der Zustellung des Gutscheins acht Wochen Zeit, ihn einzulösen. Danach verfällt er. Die Firmen, die die Gutscheine entgegennehmen, können diese mit der Steuer verrechnen. Banken und Versicherungen allerdings dürften die Schecks nicht annehmen, das Geld solle nicht gespart werden dürfen.

Das Papier stammt aus der Feder des Ökonomen und Parteilinken Karl Lauterbach und ist bisher nicht mit der SPD-Führung abgestimmt. Parteichef Franz Müntefering hatte jedoch am Wochenende Sympathie für eine solche Lösung erkennen lassen. Allerdings hatte er bisher nur Geringverdiener, Rentner und Arbeitslose im Blick. In der SPD-Bundestagsfraktion mahnte Müntefering nach Angaben von Teilnehmern zu Besonnenheit in der Debatte über weitere Hilfen. Zunächst müsse man sich auf die Maßnahmen des ersten Pakets konzentrieren. Intern wolle und werde man aber überlegen, ob und was man für den Schutz von Arbeitsplätzen tun könne. Konkrete Vorschläge habe er nicht gemacht.

Widerstand kam von Finanzminister Peer Steinbrück (SPD), der sich bei einem Treffen mit seinen EU-Kollegen in Brüssel erneut gegen ein zweites Konjunkturprogramm aussprach. Ihn stören neben der ungewissen Wirkung solcher Pakete die hohen Kosten: Lauterbachs Konzept etwa würde den Staat mit 35 bis 40 Milliarden Euro belasten, die über Schulden finanziert werden müssten.

In Regierungskreisen hieß es jedoch, der Druck auf Steinbrück und Kanzlerin Angela Merkel nehme spürbar zu. Merkel hatte am Montag gesagt, sie halte sich für den Fall, dass sich die wirtschaftliche Lage weiter verschlechtere, "alle Optionen offen".

© SZ vom 03.12.2008/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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