Kongo:Bundeswehr mit Steinen und Holzlatten angegriffen

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Deutsche Soldaten sind im Kongo erneut in eine gewaltsame Wahldemonstration geraten. Die Einschätzungen der Lage vor der Wahl am Sonntag schwanken zwischen Optimismus und Besorgnis.

Bundeswehr-Soldaten im Kongo sind am Donnerstag erneut in eine gewaltsame Wahldemonstration geraten. Randalierende Anhänger des Vizepräsidenten Jean-Pierre Bemba attackierten in der Hauptstadt Kinshasa zwei Fahrzeuge mit Steinen und Holzlatten.

Die Bundeswehr hatte im Rahmen einer Informationsfahrt den Bürgermeister eines Stadtteils besucht und dort Fragen der Bevölkerung zum Einsatz der europäischen Truppe beantwortet.

Drei dort ebenfalls anwesende französische Soldaten wurden leicht verletzt. Es war nicht klar, ob sich die Angreifer gegen die EU-Truppen richteten oder lediglich Unruhen provozieren wollten.

220 deutsche Soldaten

Bemba, der bei der für Sonntag geplanten Wahl als aussichtsreichste Gegenkandidat von Präsident Joseph Kabila gilt, traf am Donnerstag in Kinshasa ein und wollte am Nachmittag bei einer Großkundgebung in einem Stadion auftreten.

Derzeit sind 220 deutsche Soldaten in Kinshasa. Sie sind Teil der insgesamt 1100 Mann starken EU-Truppe, die gemeinsam mit der UN- Mission im Kongo die Wahlen absichern soll. Es sind die ersten freien Wahlen in dem zentralafrikanischen Land seit mehr als vier Jahrzehnten.

Die Bundeswehr in Kinshasa rechnet zum kongolesischen Wahltag am Sonntag nicht mit gravierenden Schwierigkeiten. "Es ist soweit ruhig. Wir erwarten keine größeren Probleme", sagte Oberstleutnant Peter Fuss der Nachrichtenagentur Reuters.

Auch der Chef der Wahlbeobachter des EU-Parlaments im Kongo, Jürgen Schröder, rechnet mit einem friedlichen Verlauf der Parlaments- und Präsidentschaftswahl am kommenden Sonntag. "In der kongolesischen Bevölkerung herrscht ingesamt eine gedämpft optimistische Stimmung", sagte Schröder.

Ersten freien Wahlen seit 40 Jahren

"Ich bin nicht blauäugig; ich gehe natürlich davon aus, dass es Behinderungen von Kandidaten während des Wahlkampfs gab", räumte Schröder ein.

Drei Rebellengruppen in der ostkongolesischen Provinz Ituri haben sich bereit erklärt, ihre Waffen niederzulegen und die Wahl am Sonntag nicht zu stören. Im Gegenzug würden mehrere hundert ihrer Kämpfer in die Streitkräfte des zentralafrikanischen Landes aufgenommen, erklärte Kemal Saiki, Sprecher der UN-Friedenstruppen im Kongo. Allerdings sei die Gefahr noch nicht gebannt, da in der Region weiterhin viele bewaffnete Gruppen aktiv seien.

Die Präsidenten- und Parlamentswahlen am Sonntag sind die ersten freien Wahlen im Kongo seit mehr als 40 Jahren. Sie sollen das Land nach Jahrzehnten der Diktatur und des Krieges auf den Weg zur Demokratie führen. Die Abstimmung wird von 2.000 EU-Soldaten abgesichert, unter ihnen 780 Deutsche.

Kritik an schlechter Vorbereitung der Bundeswehr

Der Oberbefehlshaber der EU-Truppen zur Sicherung der Wahlen im Kongo am kommenden Sonntag, General Karlheinz Viereck, hat den Vorwurf schlechter Einsatzvorbereitung zurückgewiesen. "Die Kooperation mit den Franzosen funktioniert", sagte Viereck der "Mitteldeutschen Zeitung". Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Bernhard Gertz, hatte darüber Kritik geäußert.

In der Demokratischen Republik Kongo hat es nach UN-Angaben in den Monaten vor den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen eine "deutliche Zunahme" von Menschenrechtsverletzungen gegeben.

Die UN-Mission im Kongo (MONUC) legte am Mittwoch in Kinshasa einen Bericht vor, nach dem im ersten Halbjahr 2006 besonders viele "politische" Menschenrechtsverletzungen im Kongo beobachtet wurden. Die MONUC kritisiert die kongolesische Polizei, den Geheimdienst und die Armee, die zwischen Januar und Juni "politische Demonstrationen niedergeschlagen" hätten.

Die Sicherheitskräfte hätten in dem Zeitraum zudem "willkürliche Festnahmen" und "illegale Inhaftierungen" vorgenommmen und "körperliche Gewalt" bei der Niederschlagung von Demonstrationen angewendet. Kongolesische Soldaten hätten zudem Massenhinrichtungen und Vergewaltigungen begangen. Journalisten und Moderatoren privater Radiosender würden teilweise "mundtot" gemacht.

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