Konferenz in Teheran:Der Kampf ums Kaspische Meer

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In Teheran demonstrieren die Anrainerstaaten Einigkeit, tatsächlich aber streiten sie heftig um die Rohstoffe.

Frank Nienhuysen

Wenn auf einem Gipfeltreffen Fortschritte verkündet werden sollen, obwohl es kaum welche gibt, zeigen die Beteiligten ihre hohe Kunst des Verschleierns. Michail Kamynin, Sprecher des russischen Außenministeriums, ist darin wie viele seiner Kollegen vorzüglich geübt.

Spitzentreffen in Teheran: Russland und Iran gehören zu den Anrainerstaaten des Kaspischen Meeres. (Foto: Foto: AFP)

Er sagte in Teheran etwa, die Anrainerstaaten des Kaspischen Meeres hätten sich darauf verständigt, dass das Meer allein zu friedlichen Zwecken genutzt werden dürfe und dass alle etwaigen Probleme nur auf friedliche Weise gelöst werden sollten. Das klingt fürs Erste recht herzhaft, und offenbar umfasst diese Erklärung Irans Sorge, die USA könnten das Kaspische Meer womöglich als Basis für militärische Angriffe nutzen.

Tatsächlich aber lenkt der Pakt gegen einen theoretischen Militäreinsatz vor allem davon ab, dass es Russland, Iran, Aserbaidschan, Kasachstan und Turkmenistan eigentlich um etwas ganz anderes gegangen war: Im Schatten der russisch-iranischen Atomgespräche wollten sie endlich ihren jahrelangen Rechtsstreit um das energiereiche und zugleich größte Binnengewässer der Welt beilegen. So weit aber ist es nicht gekommen.

Das bisher letzte Gipfeltreffen war bereits vor genau fünf Jahren gescheitert. Immerhin vereinbarten die Staaten diesmal, dass sie sich künftig intensiver über die Aufteilung des Kaspischen Meeres bemühen. Aber das ist ein recht kärgliches Ergebnis angesichts des langen zeitlichen Anlaufs, den die fünf Länder für den Teheraner Gipfel genommen haben.

Die hartnäckige Regierung in Teheran aber dringt darauf, dass das Kaspische Meer und dessen Energievorräte gerecht zwischen den fünf Anrainerstaaten aufgeteilt und ausgebeutet wird. Macht 20 Prozent für Iran - bisher gehören dem Land lediglich 13 Prozent der Küstenlinie. Turkmenistan ist auch für eine solche Regelung; Russland, Kasachstan und Aserbaidschan lehnen diese ab.

Der russische Präsident Wladimir Putin wiederum scheiterte mit seinem Wunsch, ein Vetorecht beim Bau einer Pipeline durch das Meer auszuhandeln. Das war freilich ein recht durchsichtiges Begehren, denn vor wenigen Tagen erst einigte sich Aserbaidschan mit vier anderen osteuropäischen Staaten darauf, bis 2011 eine Ölröhre bis an die polnische Ostseeküste zu bauen - elegant vorbei am mächtigen Russland.

Der Kampf um die Hoheit über Küstenlinien und Gewässersektoren ist also vor allem ein Kampf um politische Macht, um wirtschaftliche Unabhängigkeit und viel Geld.

Die Energieschätze des Kaspischen Meeres sind derart gewaltig, dass sie schon jetzt den meisten Anrainern hohe Wachstumsraten sichern. Bis zu 20 Milliarden Tonnen fossiler Brennstoffe werden in dem Gewässer vermutet. Allein das im Jahr 2000 entdeckte Kaschagan-Feld im Nordteil des Binnensees gilt als eines der größten Ölreservoirs, die in den vergangenen drei Jahrzehnten gefunden wurden.

Kasachstan streitet sich deshalb gerade ungewohnt heftig mit einem Unternehmer-Konsortium unter Führung des italienischen Eni-Konzerns über alte Verträge und neue Anteile.

Aserbaidschan, Kasachstan und Turkmenistan, bis vor wenigen Jahren verhältnismäßig unscheinbare Staaten, sind im Sog der Energieströme zu wichtigen Quellen der weltweiten Öl- und Gasversorgung geworden. Bundeswirtschaftsminister Michael Glos nahm am Dienstag zu seiner Reise nach Kasachstan und Aserbaidschan gleich achtzig Wirtschaftsvertreter mit ans Kaspische Meer, denn für eine zunehmend von Russland unabhängige Energiepolitik sind die beiden Staaten unentbehrlich geworden.

Vor allem Aserbaidschan hat seine Chance genutzt, sich aus dem Griff Moskaus zu befreien. Über eine neue Pipeline in die Türkei fließt seit mehr als einem Jahr reichlich Öl in den Westen - und Baku hat großes Interesse daran, dass noch mehr hineingepumpt wird.

© SZ vom 17.10.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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