Kommission beendet nach langem Ringen ihre Arbeit:Einigung über Reform des Föderalismus

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Nach vierstündiger Beratung haben sich der SPD-Vorsitzende Müntefering und CSU-Chef Stoiber auf einen "konkretisierten Vorschlag" zur Reform der Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern geeinigt. Künftig soll zum Beispiel das Bundeskriminalamt für die Terrorabwehr zuständig sein, sofern die Gefahr über ein Land hinausreicht.

Von Heribert Prantl und Peter Fahrenholz

CSU-Chef Edmund Stoiber und der SPD-Vorsitzende Franz Müntefering haben sich auf einen gemeinsamen Vorschlag zur Reform der Beziehungen zwischen Bund und Ländern geeinigt. Die beiden Vorsitzenden der Föderalismus-Kommission berieten sich am Sonntag vier Stunden lang in der Münchner Staatskanzlei. Wie es nach dem Gespräch hieß, habe man einen "konkretisierten Vorschlag" ausgearbeitet. Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" soll das Bundeskriminalamt künftig für die Terrorabwehr zuständig sein, sofern die Gefahr über ein Land hinausreicht.

"Der Vorschlag steht", hieß es nach den Beratungen in der bayerischen Staatskanzlei aus der Umgebung der Kommission. "Das wurde jetzt alles sehr konkretisiert". Nach dem Gespräch habe Stoiber auch die CDU-Vorsitzende Angela Merkel über das Ergebnis unterrichtet. Am heutigen Montag wollen Stoiber und Müntefering die Kommission informieren, die dann am Freitag die Reform verabschieden soll.

Die Einigung läuft unter anderem darauf hinaus, dass künftig statt 60 nur noch 35 bis 40 Prozent der Gesetze im Bundesrat zustimmungspflichtig sein sollen. Nach SZ-Informationen sind Punkte, über die seit Wochen gestritten wurde, jetzt geklärt. So soll das Bundeskriminalamt (BKA) zuständig werden für die Bekämpfung des islamistischen Terrors, wenn die Gefahr -- was regelmäßig der Fall ist -- über ein Land hinausgeht.

Die neue BKA-Kompetenz im Bereich der Gefahrenabwehr stößt zwar auf den Widerspruch der Länderinnenminister, die sich mit einhelligem Protest an Stoiber gewandt haben. Stoiber scheint aber entschlossen zu sein, die Kompetenz für das BKA durchzusetzen. Das wäre die definitive Einführung einer Bundespolizei.

Änderung beim Hochschulbau

Im Bereich der Gemeinschaftsaufgaben kommt es wohl nur zum Wegfall des Hochschulbaus als Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern. Die Maßnahmen zur Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur bleiben ebenso Gemeinschaftsaufgaben wie die zur Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes. Im Bereich der so genannten konkurrierenden Gesetzgebung -- hier haben die Länder die Zuständigkeit zur Gesetzgebung, solange nicht ein Bundesgesetz "erforderlich" ist -- wird es grundlegende Änderungen geben.

Die Anforderungen an die "Erforderlichkeit" waren in letzter Zeit vom Bundesverfassungsgericht deutlich in die Höhe geschraubt worden. Es wird daher eine Zweiteilung der Gesetzesmaterien geben: Nur noch bei einem Teil der Gesetze soll der Bund nachweisen müssen, dass das gesamtstaatliche Interesse eine bundesgesetzliche Regelung notwendig macht.

Besonders strittig waren bis zuletzt Vorschläge zur Bildungspolitik gewessen. Das Recht der Hochschulen soll offenbar per Staatsvertrag der Länder geregelt werden. Der Bund soll nur dann zuständig sein, wenn die Länder einen solchen Staatsvertrag nicht zustande bringen. Die von Stoiber vertretene Seite der Länder beharrt offenbar darauf, in den Bereichen, in denen der Bund die Rahmengesetzgebung hat, Abweichungsmöglichkeiten zu haben.

Das Modell des so genannten Zugriffsrechts soll es möglich machen, dass die Länder eine vom Bund geregelte Materie für sich anders regeln. Das würde die Umkehrung des Artikels 31 des Grundgesetzes bedeuten. Dort heißt es: Bundesrecht bricht Landesrecht. Im Bereich des Zugriffsrechts der Länder wäre es dann künftig umgekehrt.

Bei der Neuordnung der Finanzbeziehungen hatten Bund und Länder schon vorige Woche weitgehende Einigkeit erzielt. Danach sollen sich auch die Länder an möglichen Strafzahlungen für die Verletzungen der Defizit-Obergrenze beteiligen.

Als "die größte Baustelle meines Lebens" hat der bayerische Ministerpräsident Stoiber die Arbeit an der Reform der föderativen Ordnung bezeichnet. Im Gespräch mit der SZ äußerte er sich voller Respekt über die bisherige Kooperation mit dem SPD-Vorsitzenden Franz Müntefering, mit dem er die Föderalismus-Kommission leitet.

© Quelle: sueddeutsche.de/SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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