Kolonialverbrechen:Wenn Wunden nicht heilen

Berlin will mit den Nachfahren der Opfer nicht reden. Ein Fehler.

Von Isabel Pfaff

Beim Umgang der Deutschen mit ihrem kolonialen Erbe hat in den vergangenen Jahren ein Umdenken stattgefunden. Endlich bezeichnet die Bundesregierung die Kolonialverbrechen im heutigen Namibia als Völkermord, endlich verhandelt sie mit der Regierung in Windhoek über die Ereignisse von damals und mögliche Wiedergutmachung.

Und doch brodelt das Thema weiter. Vertreter der Herero und Nama haben zum wiederholten Mal Klage eingereicht. Sie wollen, dass Deutschland sie für die Verbrechen der kaiserlichen Truppen entschädigt - sie, die Nachkommen der Opfer, und nicht die namibische Regierung.

Die Klage hat wenig Aussicht auf Erfolg, bei den bisherigen Versuchen ist es nie zum Verfahren gekommen. Doch dass es die Opferverbände erneut probieren, zeigt, dass der deutsche Versuch der Vergangenheitsbewältigung in die falsche Richtung geht.

In der Klageschrift fordern die Herero- und Nama-Vertreter unter anderem, an den Gesprächen zwischen den Regierungen beteiligt zu werden. Doch Berlin will ausdrücklich nur mit Windhoek verhandeln - obwohl die Opferverbände darauf hingewiesen haben, dass sie sich von ihrer Regierung nicht vertreten fühlen. Ob es am Ende zu Reparationen kommt oder nicht: Die Nachfahren der Betroffenen auszuschließen, ist eine Geste der Abwertung. Berlin wolle "Wunden heilen", heißt es. So wird das schwierig.

© SZ vom 09.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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