Koalitionsverhandlungen:Die Kämpfer legen harte Bandagen an

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Regieren, aber nicht um jeden Preis: Grüne und Linkspartei stellen in Berlin harsche Forderungen.

Philip Grassmann

Auch am Tag nach der Wahl wollte sich der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) nicht festlegen. Eine Koalition, wiederholte er gebetsmühlenartig, sei inhaltlich sowohl mit dem bisherigen Partner Linkspartei als auch mit den Grünen möglich. Und betont gelassen fügte er hinzu, er werde die nun bevorstehenden Sondierungsgespräche ,,ohne Zeitdruck'' führen.

Wer mit wem? Klaus Wowereit (SPD, zweiter von links) zwischen den möglichen Partnern Harald Wolf (Linkspartei) und Franziska Eichstädt-Bohlig (Grüne). Nur Friedbert Pflüger (CDU, ganz rechts) wird nicht umworben. (Foto: Foto: Reuters)

Etwa 14 Tage wollen sich die Berliner Genossen Zeit nehmen, um herauszufinden, mit wem in den nächsten fünf Jahren eine möglichst stabile Regierung gebildet werden kann. Zuerst will Wowereit mit der Linkspartei reden, dann kommen die Grünen an die Reihe.

Vor allem die Grünen gaben sich nach ihrem Wahlerfolg betont selbstbewusst. Sie sei ,,sehr zuversichtlich, dass die bevorstehenden Verhandlungen in eine rot-grüne Koalition münden werden'', sagte Spitzenkandidatin Franziska Eichstädt-Bohlig. Und Fraktionschef Volker Ratzmann, der im Bezirk Prenzlauer Berg ein Direktmandat gewonnen hat, betonte: ,,Wir haben klare inhaltliche Vorstellungen.'' Zentraler Punkt für die Grünen ist das Thema Bildung. Sie wollen mehr Geld für Kitas, Schulen, Hochschulen und Ausbildung. Außerdem müsse die Haushaltskonsolidierung fortgeführt werden. Eichstädt-Bohlig erhob außerdem Anspruch auf die Ressorts Bildung, Stadtentwicklung und Umweltschutz sowie Wirtschaft und Arbeit. Die Senatoren für Bildung und Stadtentwicklung wurden bisher von der SPD gestellt, was die Verhandlungen nicht gerade vereinfachen dürfte.

Für eine Neuauflage des rot-roten Bündnisses spricht, dass die vergangenen Jahre weitgehend harmonisch verliefen und zwischen den führenden Leuten beider Parteien ein Vertrauensverhältnis entstanden ist. ,,Die Linkspartei war ein verlässlicher Partner'', sagt Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD). Doch ob die Partei angesichts der schweren Verluste den Regierungskurs fortsetzen wird, ist offen. Spitzenkandidat Harald Wolf präsentierte am Montag einige Kernforderungen für die Sondierungsgespräche, mit denen er das Profil seiner Partei schärfen will. Es müsse den Einstieg in einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor und in die Gemeinschaftsschule nach skandinavischem Vorbild geben. Außerdem dürften Landesunternehmen nicht privatisiert werden. Insbesondere bei der Bildung wird es harte Verhandlungen geben. Denn Wowereit hatte bereits im Wahlkampf gesagt, eine Abschaffung der Gymnasien sei mit ihm nicht zu machen. Er wolle ,,keinen Kulturkampf'' in der Stadt.

Aber auch der geplante öffentliche Beschäftigungssektor stößt in der SPD auf Widerstand. ,,Wenn damit gemeint sein sollte, dass wir mit zusätzlichen Landesmitteln Arbeitslose finanzieren sollen, da kann ich nur sagen: Das Geld haben wir nicht'', so Sarrazin.

Aber auch Wolf zeigte sich, trotz der angeschlagenen Verfassung seiner Partei, wenig kompromissbereit. Sollte sich in den Sondierungsgesprächen herausstellen, dass die drei Forderungen nicht umsetzbar seien, werde seine Partei nicht zögern, in die Opposition zu gehen.

© SZ vom 19.09.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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