Koalitionsausschuss:Viele Töpfe, wenig Deckel

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Das Themenspektrum der Koalitionsrunde ist groß - die Hoffnung auf Beschlüsse nicht.

Nico Fried

Die Managergehälter sind ein gutes Beispiel dafür, wie sich die große Koalition derzeit anstellt. Ende Januar legte eine Arbeitsgruppe aus Finanzexperten von Union und SPD gemeinsame Vorschläge für eine Neuregelung vor. Wenige Punkte blieben strittig und sollten an diesem Mittwochabend im Koalitionsausschuss geklärt werden. Doch in den vergangenen Tagen haben beide Seiten allerlei Extrawünsche geäußert. Motto: Mir ist da noch was eingefallen. Nun ist ungewiss, ob in der Spitzenrunde im Kanzleramt auf den Topf ein Deckel kommt und das Thema erledigt wird.

Die Fraktionschefs Volker Kauder (Union) und Peter Struck (SPD) werden wohl nicht mehr viel Gemeinsames auf den Weg bringen. (Foto: Foto: ddp)

Es gibt viele solcher Themen, bei denen nicht nachvollziehbar ist, warum eine Einigung so schwer sein soll, wenn man nicht vorzeitiges Wahlkampfgetöse als Erklärung heranzieht. Bei den Managergehältern hat die SPD sogar offen angekündigt, alles, was sie nicht durchsetzen wird, zum Inhalt ihres Wahlkampfes zu machen. Für manch andere Forderung zur Regulierung der Finanzmärkte braucht man gar nicht erst den Koalitionsausschuss abzuwarten, um zu wissen, dass es keine Einigung geben wird: Die von der SPD gewünschte Börsenumsatzsteuer ist von vornherein als Wahlkampfthema angelegt.

Die Managergehälter sind gleichwohl auch ein gutes Beispiel dafür, dass es so viel guten Willen für eine Einigung gar nicht bräuchte. Grundsätzlich ist man sich durchaus einig, dem schnellen Profitdenken und mancher Verantwortungslosigkeit in den Chefetagen einen Riegel vorzuschieben. Dennoch beharren SPD und Union auf speziellen Forderungen. Die Sozialdemokraten wollen, dass Unternehmen die Bezüge ihrer Manager nur noch bis zu einer Höhe von einer Million Euro von der Steuer absetzen können. Auch soll nach SPD-Vorstellung der Aufsichtsrat die Möglichkeit bekommen, Managerverdienste nachträglich zu kürzen.

Die Union wiederum schlägt vor, die Haltefrist von Aktienoptionen für Manager zu verlängern. Die liegt jetzt bei zwei Jahren, soll nach dem bisherigen Koalitionskompromiss auf vier Jahre und nach den neuesten Vorstellungen der Union sogar bis zum Ausscheiden eines Managers aus dem Unternehmen verlängert werden. Die Union will zudem, dass die Hauptversammlungen über die Managergehälter abstimmen, die SPD will diese Entscheidung in den Aufsichtsräten halten, wo die Arbeitnehmervertreter mitreden können. Strittig ist zudem, ob die Aufsichtsräte verkleinert werden sollen. Warum es bei diesen sehr speziellen Punkten, deren Komplexität im krassen Gegensatz zu einem knackigen Wahlkampfslogan steht, keine Einigung geben sollte, ist rätselhaft.

Ein ähnliches Thema, das die Koalition schon seit Monaten beschäftigt, ist die Lohnuntergrenze für Zeitarbeiter. Die Union will einen Mindestlohn nur dann, wenn der niedrigste von mehreren Tarifverträgen in dieser Branche den Grenzwert bestimmt. Dieser von der Union angeführte Vertrag sieht derzeit 6,50 Euro im Westen und sechs Euro im Osten Deutschlands vor. Was aussieht wie ein Streit um ein paar Cent wird von den Koalitionären als Grundsatzdebatte über die Grenzen der Tarifautonomie geführt.

Weitere Dauerbrenner sind das Umweltgesetzbuch, in dem Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) und die CSU über Kreuz liegen. Die Debatte um die vom Verfassungsgericht geforderte Neuregelung der Jobcenter ist hingegen ein Thema, bei dem es in der Union den heftigsten Streit gibt. Auch am Dienstag zeigte sich die Spitze der Unions-Fraktion nicht willens, eine Grundgesetzänderung zu akzeptieren, wie sie die Bundesregierung, die Länder und das CDU-Präsidium für richtig halten. CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sieht Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) in der Pflicht, weiß aber genau, dass vor allem die Union selbst ihr Durcheinander lösen muss.

Und dann gibt es noch Themen, bei denen unklar ist, ob die Koalition sie noch bis zum Beginn des heißen Wahlkampfes angehen will: Keine Chancen dürfte dabei der Wunsch der SPD nach einem erneuten Anlauf beim NPD-Verbot haben. Unsicherer ist die Lage bei der Reform des Wahlrechts wegen der Verfassungswidrigkeit der Überhangmandate. SPD-Chef Franz Müntefering hat dies urplötzlich als ein Lieblingsthema entdeckt, was den Verdacht nahelegt, dass er sich auch davon irgendeinen Vorteil erhofft.

Manches spricht jedenfalls dafür, dass diese Koalitionsrunde die letzte vor den Bundestagswahlen sein wird - und dass sie so verläuft, dass es keinen Grund gibt, darüber traurig zu sein.

© SZ vom 4.3.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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