Klimaschutz:Merkel unterstützt Londons ehrgeizige Ziele

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Tony Blair kündigt ein ,,revolutionäres'' Gesetz an: Großbritannien soll zur Reduzierung von Kohlendioxid weit über die von der EU gesteckten Ziele hinausgehen. Jetzt bekommt er Unterstützung vom Festland.

Mit einem ehrgeizigen Gesetz will der britische Premier Tony Blair den Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids verringern. Bis 2050 sollen die CO2-Emissionen um 60 Prozent sinken.

Mochten sich schon beim EU-Gipfel: Tony Blair und Angela Merkel. (Foto: Foto: AFP)

Damit ist Großbritannien das erste Land weltweit, das per Gesetz Ziele festlegen will, die über die Vereinbarungen von Kyoto hinausgehen. Kanzlerin Angela Merkel begrüßte den Vorstoß Blairs.

Der Gesetzentwurf, den Blair am Dienstag in London vorstellte, sieht vor, zunächst bis 2020 die CO2-Emissionen um 26 bis 32 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 zu verringern.

In einem zweiten Schritt soll bis 2050 das 60-Prozent-Ziel erreicht werden. Dafür soll eine unabhängige Experten-Kommission alle fünf Jahre Kohlendioxid-,,Budgets'' festlegen und deren Einhaltung überwachen.

Gewaltige Herausforderung

Um die Ziele zu erreichen, will die Regierung erneuerbare Energien sowie umweltfreundliche Kohlekraftwerke fördern. Die Verbraucher sollen Energie sparen, etwa durch bessere Dämmung der Häuser und durch Energiesparlampen.

Blair, der den Kampf gegen die Erderwärmung mit den Herausforderungen des Faschismus und des Kalten Krieges verglich, sprach von einem ,,revolutionären Schritt''.

Die Opposition dagegen forderte eine CO2-Einsparung von 80 Prozent bis 2050 und eine jährliche Überprüfung der Ziele. Nach einer öffentlichen Anhörung soll der Gesetzesentwurf im Juni ins Unterhaus eingebracht werden. In der Regierung rechnet man damit, dass das Gesetz 2008 in Kraft tritt.

Der britische Vorstoß könnte einen Schub für die Europäische Union bedeuten. ,,Der Weg, den Großbritannien vorzeichnet, ist richtig'', sagte Merkel der Süddeutschen Zeitung. Es sei wichtig, jetzt die rechtlichen und wirtschaftlichen Voraussetzungen für den Klimaschutz zu schaffen. Merkel sagte weiter, es sei richtig, mit dem Klimaschutz beim Verbraucher zu beginnen: ,,Viele Bürger wollen aktiv etwas tun'', sagte sie.

EU-Umweltkommissar Stavros Dimas nannte das geplante Gesetz einen ,,mutigen Schritt''. Die Briten gäben damit den anderen Mitgliedstaaten ein Signal, sagte Dimas der SZ.

Die 27 EU-Staaten hatten sich beim Gipfel vorige Woche in Brüssel zwar im Grundsatz geeinigt, Treibhausgase bis 2020 um mindestens ein Fünftel zu reduzieren.

Wenn die USA, China und andere große Emittenten ebenfalls mehr leisten, will die EU sogar 30 Prozent Treibhausgase vermeiden. Wie dies konkret erreicht werden soll, ist ungeklärt.

In den nächsten Monaten werden die EU-Staaten darum ringen, welches Land, wie viel einsparen muss. Frankreich und osteuropäische Länder haben erkennen lassen, dass sie das 20-Prozent-Ziel für sehr ehrgeizig halten. Sie könnten zögern, den Ausstoß von Treibhausgasen im nötigen Umfang zu verringern.

Es zeige sich, dass die Briten das Thema Klimaschutz ,,energischer anpacken als die Deutschen'', sagte Holger Krawinkel, Energieexperte vom Bundesverband der Verbraucherschützer. Er bezeichnete es als ,,sehr, sehr positiv'', dass London nur wenige Tage nach dem EU-Gipfel ein Signal setze.

"Am unteren Ende"

Ein Sprecher des Bundesverbandes der Deutschen Industrie wies allerdings daraufhin, dass die deutsche Wirtschaft sich schon im Jahr 2000 auf konkrete Schritte zur Reduzierung des Kohlendioxid-Ausstoßes und anderer Emissionen verpflichtet habe. ,,Die Engländer erfinden da kein neues Rad'', hieß es beim BDI.

Umweltfachleute wiesen ebenfalls darauf hin, dass die britischen Klimaschutzziele nicht so revolutionär seien, wie dies von der Regierung in London suggeriert werde.

So liege etwa die Vorgabe, den Schadstoffausstoß bis zum Jahr 2050 um 60 Prozent zu verringern ,,am unteren Ende dessen, was möglich ist'', sagte Hans-Joachim Schellnhuber, Direktor des Potsdamer Instituts für Klimafolgenforschung. (Seite 4)

(SZ vom 14.07.2007)

© Alexander Hagelüken / Nina Bovensiepen / Jeanne Rubner - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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