Klimaschutz:Merkel sieht Chancen für Klima-Einigung

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Die Kanzlerin hält es nun offenbar doch für möglich, dass auf dem G-8-Gipfel eine weltweite Klimaschutz-Initiative verabschiedet werden kann. Umweltexperten warnen indes vor einer Verwässerung der bestehenden Ziele.

Bundeskanzlerin Angela Merkel hofft, beim G-8-Gipfel diese Woche in Heiligendamm den US-Vorstoß zum Klimaschutz in eine weltweite Initiative der Vereinten Nationen einbinden zu können.

"Da sehe ich Chancen. Da ringen wir noch um die Formulierungen, damit das auch deutlich wird", sagte sie in der ARD auf die Frage, ob es Signale aus Washington gebe, den Klimaschutz in einen UN-Prozess einfließen zu lassen.

Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem britischen Premierminister Tony Blair betonte Merkel, für sie sei es unverzichtbar, dass alle Klima-Initiativen unter dem Dach der Vereinten Nationen gebündelt würden.

Auch Blair erklärte, dass die US-Initiative sich in den Rahmen der UN einfügen müsse. US-Präsident George W. Bush habe sich erstmals zu wesentlichen Reduzierungen des Treibhausgasausstoßes bekannt. Nun müsse man dafür sorgen, dass ein weltweites Ziel beim Klimaschutz formuliert werde.

Kein windelweicher Kompromiss

Zuvor hatte Merkel in einem Spiegel-Interview die Erwartungen an die Ergebnisse des Mittwoch beginnenden Treffens der Staats- und Regierungschefs der acht mächtigsten Industrienationen in Heiligendamm gesenkt. "Ich rechne eher nicht mit einer Lösung schon in dieser Woche", sagte sie dem Nachrichtenmagazin. Auf "faule Kompromisse" wolle sie sich nicht einlassen.

Der Klimaberater der Bundesregierung, Hans Joachim Schellnhuber, warnte unterdessen vor dem G-8-Gipfel in Heiligendamm vor einer Vereinbarung um jeden Preis. "Ein windelweicher Kompromiss ist natürlich Unsinn", sagte der Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK) der Neuen Osnabrücker Zeitung.

Bundeskanzlerin Angela Merkel müsse gegenüber den USA "cool zocken bis zum Schluss. Die Amerikaner finden das eigentlich auch gut, wenn sie einen Gegner haben, der gleichwertig ist und nicht schon von vornherein in die Knie geht".

Bei dem Gipfel in Heiligendamm stehe "zu viel auf dem Spiel", denn es gehe "um das wichtigste Problem des 21. Jahrhunderts", betonte Schellnhuber. Die Reduzierung der Treibhausgasemissionen bezogen auf das Niveau von 1990 um 50 Prozent bis 2050 sei ein "politisches Ziel, für das es sich zu kämpfen lohnt".

Die Initiative von US-Präsident George W. Bush sieht Schellnhuber nicht nur negativ. Was bei Bundesumweltminister Sigmar Gabriel und anderen Misstrauen wecke, sei die Tatsache, "dass Bush in letzter Minute vor dem G-8-Gipfel mit einer ganz neuen Initiative kommt". Ein solches Vorgehen sei unüblich. Es zeige aber, "dass die USA sich ungemütlich fühlen in der Ecke, in die sie sich selbst hineinmanövriert haben".

Greenpeace: Nicht vor USA einknicken

US-Präsident Bush hatte am Donnerstag überraschend vorgeschlagen, dass die größten Umweltverschmutzer bei einem Treffen in den USA im Herbst damit beginnen, langfristige CO2-Reduktionsziele bis zum Jahr 2050 zu erarbeiten. Die Bundesregierung will dagegen, dass bereits vom G-8-Treffen ein klares Signal für einen internationalen Vertrag mit verbindlichen Klimaschutzzielen ausgeht.

Eine harte Haltung im Klimastreit gegenüber den USA forderte auch Greenpeace-Chef Gerd Leipold von der Bundeskanzlerin. "Wenn Angela Merkel eine kompromisslose Schlusserklärung durchsetzt und nicht vor den USA einknickt, dann kann sie eine Führungsfigur beim internationalen Klimaschutz werden", sagte der internationale Chef der Umweltorganisation der Berliner Zeitung.

Greenpeace habe den Eindruck, dass Merkel das Thema sehr ernst nehme und dass sie sich nicht mit leerer Rhetorik zufrieden gebe. Notfalls müsse man auf die Unterschrift von US-Präsident George W. Bush im G-8-Abschlussdokument verzichten und die Klimakapitel per Mehrheitsvotum der Europäer annehmen, sagte Leipold. Bushs eigener Klimaplan sei ein Ablenkungsmanöver, das von der G 8 nicht überbewertet werden dürfe.

In Heiligendamm treffen sich Bush und Merkel nach Angaben der Bundesregierung am Mittwoch zu einem ersten Gespräch.

Merkels pessimistische Einschätzungen vom Wochenende waren in der SPD auf Kritik gestoßen. "Ich halte es für eine begrenzt kluge Idee, dass in Deutschland inzwischen öffentlich darüber spekuliert wird, was geht, was nicht geht", erklärte Umweltminister Sigmar Gabriel. SPD-Chef Kurt Beck sagte der ARD, er erwarte, dass in Heiligendamm nicht irgendwelche formalen Entscheidungen getroffen würden, sondern konkrete Schritte.

China stellt Klimaschutzplan vor

Außenminister Frank-Walter Steinmeier bemühte sich dagegen, die Interessenkonflikte herunterzuspielen. "Ich glaube, wir sind nicht auseinander, was die grundsätzliche Einschätzung angeht", sagte er dem Deutschlandfunk. Auch in den USA wisse man, dass höchstens 15 Jahre Zeit blieben, um eine Klimakatastrophe zu verhindern.

Wenige Tage nach den USA hatte unterdessen auch China ein eigenes Programm zur Reduzierung des Ausstoßes von klimaschädlichen Treibhausgasen präsentiert. Es sieht unter anderem vor, mehr erneuerbare Energien einzusetzen, die Forschung und den Einsatz neuer energiesparender Technologien zu verstärken und mehr Bäume zu pflanzen. Verbindliche Obergrenzen für CO2-Emmissionen lehnte China aber ab.

Die Volksrepublik mit ihrem rasanten Wirtschaftswachstum war zuletzt international immer stärker unter Druck geraten, mehr gegen den CO2-Ausstoß zu tun. China deckt zwei Drittel seines Energiebedarfs aus Kohle. Die Volksrepublik wird die USA vermutlich in den nächsten zwei Jahren als größter CO2-Emmittent der Welt ablösen.

Bei der Vorstellung des neuen Programms erklärte der Chef der chinesischen Planungsagentur, Ma Kai, die globale Klimaerwärmung sei hauptsächlich von 200 Jahren ungebremster Industrialisierung verursacht. Es wäre daher unfair, China und anderen Entwicklungsländern Pflichtobergrenzen aufbürden zu wollen. Beobachter vermuten, dass das Programm darauf abzielt, Kritik an China zuvorzukommen, wenn Präsident Hu Jintao am Freitag das Treffen den G-8-Gipfel in Deutschland besucht.

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