Keine neuen Verhandlungen:Ärzte drohen mit Streiks während der Fußball-WM

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Der Ton im bereits drei Monate andauernden Streik verschärft sich deutlich: Die Länder lehnen jede Wiederaufnahme der Tarifverhandlungen mit der Ärzte-Gewerkschaft ab. Die Ärzte drohen daraufhin, dass die medizinischen Notfallpläne für die WM in Gefahr seien.

Der Tarifkonflikt um mehr Geld für die Klinikärzte spitzt sich zu: Wenige Tage vor Beginn der Fußball-Weltmeisterschaft lehnte die Spitze der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) am Dienstag eine Wiederaufnahme der Verhandlungen mit der Ärztegewerkschaft Marburger Bund ab.

Proteste von Medizinern in München. (Foto: Foto: ddp)

Sollte sich daran bis Freitag nichts ändern, wollen die Ärzte ihren inzwischen fast dreimonatigen Streik trotz WM fortsetzen. In Heidelberg dauerte unterdessen die Räumung des Universitätsklinikums an, in Freiburg soll die Verlegung der Patienten in den kommenden Tagen gestartet werden.

Ein Betrieb, zwei Tarifverträge?

Der Vorsitzende der Ärztegewerkschaft Marburger Bund, Frank Ulrich Montgomery, hatte sich nach einem Telefonat mit TdL-Chef Hartmut Möllring am Montagabend zunächst optimistisch über einen Abschluss noch in dieser Woche gezeigt.

Die TdL-Spitze entschied sich aber am Dienstag gegen eine Wiederaufnahme der Verhandlungen, wie der Sprecher des Finanzministeriums in Hannover, Jürgen Tostberg, sagte.

Der niedersächsische Finanzminister und TdL-Vorsitzende Möllring (CDU) hatte sich zuvor mit seinen Amtskollegen und Stellvertretern im TdL-Vorsitz, Rainer Speer (SPD) aus Brandenburg und Horst Metz (CDU) aus Sachsen, beraten. Die Position müsse allerdings noch mit den anderen Ländern abgestimmt werden, sagte Tostberg.

Die Tarifgemeinschaft sei wie Möllring weiterhin der Auffassung, dass es für die Ärzte an Unikliniken bereits einen Tarifvertrag gebe, sagte Tostberg. Für ein und denselben Betrieb könne es nicht zwei unterschiedliche Tarifverträge geben, weshalb der Marburger Bund den mit ver.Di abgeschlossenen Tarifvertrag übernehmen müsse.

Notfallpläne laut Marburger Bund in Gefahr

Auf Grundlage der Öffnungsklauseln, die der Vertrag enthalte, seien dann allerdings länderspezifische Regelungen möglich, wie man sie in Bayern und Baden-Württemberg bereits angedacht habe.

Die Drohung der Ärzte, während der WM zu streiken, kommentierte Möllring gelassen und verwies auf "zahlreiche gut ausgestattete Krankenhäuser anderer Träger", die im Notfall bereit stünden.

Der Marburger Bund erklärte, sollte es tatsächlich keine neuen Verhandlungen geben, wäre dies ein bedauerlicher Fehler zu Lasten der Patienten. Die Streiks würden in diesem Fall während der WM fortgesetzt.

Betroffen sein könnten 40 Unikliniken und Landeskrankenhäuser, sagte der Sprecher der Ärztegewerkschaft, Athanasios Drougias. Zwar seien dann die medizinischen Notfallpläne für die WM in Gefahr. Die Ärzte könnten aber zur Durchsetzung ihrer Forderungen nicht auf den Arbeitskampf verzichten.

"Schallende Ohrfeige"

Sollten die Verhandlungen nicht fortgesetzt werden, wäre dies auch eine "schallende Ohrfeige" für die bayerische Landesregierung, sagte Drougias. Am Freitag hatte Bayern zusammen mit dem Marburger Bund ein Lösungsmodell vorgestellt, das auf dem Tarifabschluss im öffentlichen Dienst basiert und höhere Gehälter vorsieht.

In Baden-Württemberg war für den Nachmittag ein Gespräch zwischen dem Landesverband des Marburger Bundes und Länderfinanzminister Gerhard Stratthaus geplant. Der Geschäftsführer des baden-württembergischen Landesverbandes, Bernhard Resemann sagte, Ziel sei aber weiterhin ein bundesweiter Abschluss im Rahmen der TdL.

In Heidelberg wurden weitere Patienten aus dem Klinikum in andere Krankenhäuser verlegt. Bis Dienstag waren von insgesamt 1.100 Patienten laut Marburger Bund bereits 200 größtenteils in umliegende Krankenhäuser gebracht. Resemann sagte, auch in Freiburg solle in den kommenden Tagen die Universitätsklinik geräumt werden.

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