Kaukasus-Konflikt:Konferenz gescheitert

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Die Befürchtungen haben sich bestätigt: In Genf sind direkte Gesprächen zwischen Russland und Georgien geplatzt. Der Internationale Gerichtshof mahnt unterdessen alle Seiten zur Mäßigung.

Die am Mittwochmorgen bei den Vereinten Nationen in Genf begonnenen Gespräche über Georgien sind am Nachmittag ohne Ergebnis abgebrochen worden. Das bestätigte ein Vertreter der Vereinten Nationen.

Der Konflikt im Kaukasus ist noch lange nicht beigelegt (Foto: Foto: AFP)

Zum ersten Mal seit dem Krieg im August waren dort Gespräche zwischen Russland und Georgien geplant. Anwesend in Genf waren außerdem Vertreter der USA, der EU und der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Auch Abgesandte der abtrünnigen Regionen Südossetien und Abchasien hielten sich in Genf auf.

Die Bemühungen um ein Ende des Kaukasus-Konflikts haben einen herben Rückschlag erlitten. Die Vertreter Georgiens und Russlands seien nicht wie vorgesehen zu gemeinsamen Gesprächen zusammengekommen, sagte eine UN-Sprecherin in Genf.

Im Vorfeld hatte es zwischen Moskau und Tiflis Streit über die Beteiligung von Delegationen der abtrünnigen georgischen Provinzen Abchasien und Südossetien gegeben. Georgien hatte angekündigt, nicht mit Vertretern der beiden abtrünnigen Provinzen verhandeln zu wollen.

Russland hatte hingegen auf einer Teilnahme Abchasiens und Südossetiens bestanden. Moskau hat die beiden Provinzen nach dem gewaltsamen Konflikt mit Georgien um den Status der Gebiete als unabhängige Staaten anerkannt.

Ziel der Konferenz unter Vorsitz von Uno, EU und OSZE war es ursprünglich, erstmals seit Beginn des bewaffneten Konflikts Anfang August Vertreter aus Georgien und Russland direkt miteinander ins Gespräch zu bringen. Dies ist nun gescheitert. Ein georgischer Diplomat sagte, die russische Delegation sei nicht zu der Eröffnungssitzung erschienen.

Vorwürfe gegen russische Militärs

Georgien warf Russland vor, einen georgischen Polizeiposten nahe der Grenze zu Abchasien beschossen zu haben.

Der Gouverneur der georgischen Provinz Samegrelo-Semo Swaneti, Sasa Gorosia, beschuldigte die in Abchasien stationierten russischen Soldaten, in der Nacht auf Mittwoch einen georgischen Polizeiposten beschossen zu haben. Dabei sei jedoch niemand verletzt worden, sagte er dem Fernsehsender Rustwai-2. Die abchasischen Behörden wiesen den Vorwurf zurück.

Die Behörden der georgischen Provinz Schida Kartli warfen der russischen Armee zudem vor, mit einem Helikopter den georgischen Luftraum verletzt zu haben. Russland dementierte den Vorfall laut einem Bericht der russischen Nachrichtenagentur Interfax.

IGH mahnt alle Seiten zur Mäßigung

In einem überraschenden Urteil hat das höchste Gericht der Vereinten Nationen unterdessen Russland und Georgien aufgefordert, im Kaukasus-Konflikt jegliche ethnisch oder rassisch motivierte Diskriminierung sowie Gewaltausübung zu unterbinden.

"Beide Seiten müssen davon Abstand nehmen, Menschen, Gruppen sowie auch Institutionen in rassistischer Weise zu diskriminieren", erklärte die Vorsitzende Richterin Rosalyn Higgins in Den Haag. Zu dem Urteil kamen die 15 Richter in einer denkbar knappen Abstimmung: Acht von ihnen votierten dafür, sieben dagegen.

Mit der Entscheidung reagiert das Gericht auf eine Klage, die Georgien kurz nach den bewaffneten Auseinandersetzungen mit Russland um die abtrünnigen Provinzen Abchasien und Südossetien im August eingereicht hatte. Darin war von gewaltsamen "ethnischen Säuberungen" durch Russland sowie verbündeten Separatisten die Rede, mit denen Nicht-Russen vertrieben werden sollten.

Der oft als Weltgericht bezeichnete Gerichtshof änderte mit seinem Spruch praktisch die Klage in eine Warnung an beide Seiten ab, im Kaukasus größte Zurückhaltung gegenüber Zivilisten walten zu lassen. Das Urteil ist zwar völkerrechtlich bindend, jedoch hat das 1945 von den UN geschaffene Gericht keine juristische oder sonstige Handhabe, seine Einhaltung durchzusetzen.

Beobachter sprachen von einer teilweisen Niederlage für Georgien, das mit seiner Klage auch eine einstweilige Verfügung gegen Russland angestrebt hatte. Justizministerin Tina Burjaliana war eigens nach Den Haag gereist, um vor den Richtern darzulegen, dass Moskau seit Anfang der neunziger Jahre separatistische Gruppen bewaffnet und zur Vertreibung von mittlerweile 400.000 ethnischen Georgiern aufgestachelt habe. Anwälte Russlands hatten widersprochen. Moskau warf der Regierung in Tiflis seinerseits "Aggression" und die wahllose Tötung von Zivilisten in den beiden Kaukasus-Regionen vor.

© dpa/AFP/ihe/hai - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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