Karikaturenstreit:Wieder Proteste, wieder Tote

Lesezeit: 2 min

Die gewaltsamen Proteste gegen die Mohammed-Karikaturen nehmen kein Ende: In der Stadt Maiduguri in Nigeria wurden dieses Wochenende 15 Angehörige der christlichen Minderheit getötet, in Indonesien prasselten Steine, Eier und Tomaten auf die US-Botschaft. Nur in Kopenhagen ging es friedlich zu.

Bei gewalttätigen Demonstrationen in islamischen Staaten gegen die Mohammed-Karikaturen sind am Wochenende dutzende Menschen getötet worden.

Vor der US-Botschaft in Jakarta protestierten Hunderte gegen die Mohammed-Karikaturen. Sie warfen Steine, Eier und Tomaten. (Foto: Foto: dpa)

In Nigeria starben nach Polizeiangaben mindestens 16 Menschen bei Protesten. In der Stadt Maiduguri wurden bei Ausschreitungen gegen Angehörige der christlichen Minderheit mindestens 15 Menschen getötet. Bei einer Kundgebung in der Stadt Katsina kam ein Mensch ums Leben.

Bereits am Freitag waren bei Protesten in Libyen elf Menschen getötet worden. In Kopenhagen demonstrierten tausende Menschen friedlich für einen Dialog der Religionen.

Muslimführer in Pakistan unter Hausarrest

In Maiduguri in Nigeria steckte ein wütender Mob Geschäfte und Kirchen in einem christlichen Viertel in Brand, nachdem die Polizei eine Kundgebung gegen die Karikaturen mit Tränengas auseinander getrieben hatte.

Nach Polizeiangaben wurden 115 Menschen festgenommen und eine Ausgangssperre verhängt. Elf Kirchen seien bei den Ausschreitungen in Brand gesetzt worden. In Katsina eskalierte der Protest gegen die Karikaturen, als einige Redner die umstrittene dritte Kandidatur des nigerianischen Präsidenten Olusegun Obasanjo zur Sprache brachten.

Mindestens drei Menschen wurden nach Angaben von Augenzeugen verletzt, als die Polizei in die Menge feuerte. Knapp die Hälfte der rund 136 Millionen Nigerianer gehört dem islamischen Glauben an.

In Pakistan hat die Polizei derweil Büros und Wohnhäuser dutzender radikaler Muslimführer durchsucht und mehrere Personen unter Hausarrest gestellt. Hunderte ihrer Anhänger wurden in Gewahrsam genommen.

Anti-USA-Proteste in Indonesien

Ziel der Aktion war es, eine geplante Großdemonstration gegen die Mohammed-Karikaturen in der Hauptstadt Islamabad zu verhindern. Die Regierung hatte am Samstag ein Verbot der Demonstration verkündet.

Ein Sprecher der religiösen Sechs-Parteien-Koalition, die zu dem Protest aufgerufen hat, erklärte, man werde sich über das Verbot hinwegsetzen.

In Indonesien protestierten 400 muslimische Demonstranten vor der US-Botschaft in Jakarta gegen die in europäischen Zeitungen veröffentlichten Karikaturen.

Die Menge warf Steine, Eier und Tomaten auf das Gebäude. Die Polizei löste den Protest auf. Berichte über Verletzte lagen nicht vor, ein Wachhaus wurde leicht beschädigt.

Calderoli zurückgetreten

Erst am Freitag waren bei gewaltsamen Protesten vor dem italienischen Konsulat in der libyschen Stadt Bengasi elf Menschen getötet und 35 weiere verletzt worden. Darunter seien vier Ägypter und Palästinenser gewesen, sagte der Sohn von Libyens Staatschef Muammar Gaddafi, Seif el Islam Gaddafi, am Samstag.

Die libysche Polizei war Augenzeugenberichten zufolge mit Tränengas und scharfer Munition gegen Demonstranten vorgegangen, die versucht hatten, das Konsulat zu stürmen.

Anlass für die Demonstration in Libyen waren offenbar islamfeindliche Äußerungen und ein Fernsehauftritt des italienischen Ministers Roberto Calderoli in einem T-Shirt, auf dem eine der umstrittenen Mohammed-Karikaturen abgebildet war.

Calderoli zog am Samstag nach heftiger Kritik die Konsequenzen und erklärte seinen Rücktritt.

Imame und Bischöfe auf Kopenhagens Straßen

In Kopenhagen demonstrierten am Samstagabend tausende Menschen für den Frieden und den Dialog der Religionen. An der Kundgebung nahmen nach Angaben der Organisatoren rund 5000 Menschen teil, unter ihnen auch Imame und Bischöfe.

Der rund einstündige Marsch durch ein vor allem von Moslems bewohntes Stadtviertel der dänischen Hauptstadt verlief nach Polizeiangaben friedlich. Zu der Kundgebung hatte eine dänische Moslem-Organisation nach der Veröffentlichung der Mohammed-Karikaturen in der Zeitung Jyllands-Posten aufgerufen.

Im Irak forderten am Samstag hunderte Schiiten den Abzug der in dem Land stationierten dänischen Truppen. In der 160 Kilometer südlich von Bagdad gelegenen Stadt Nadschaf zogen hunderte Menschen gegen die umstrittenen Karikaturen auf die Straße; sie forderten den Boykott Dänemarks und den Abzug der rund 530 im Süden Iraks stationierten dänischen Soldaten.

© AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: