Jugendschutz:Merkel strikt gegen Kinder als Testkäufer

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Familienministerin von der Leyen ist mit ihrem Plan, Jugendliche für Spitzeldienste anzuheuern, gescheitert. Nun soll ein runder Tisch darüber beraten, wie die Kontrollmöglichkeiten der Behörden verbessert werden können.

Nico Fried und Paul-Anton Krüger

Die Idee, minderjährige Jugendliche als Testkäufer für Alkohol, Tabak oder Gewaltfilme einzusetzen, ist endgültig vom Tisch. Während das Familienministerium am Montag noch von einer "Atempause'' bei den entsprechenden Überlegungen sprach, wollen nach Informationen der Süddeutschen Zeitung weder das Kanzleramt noch die Koalitionsfraktionen die Idee weiterverfolgen lassen.

Minderjährige als Testkäufer einzusetzen, sei "schlicht nicht vorstellbar", hieß es. Offenbar ist die Entscheidung insbesondere auf Druck aus der Unions-Fraktion zurückzuführen. Demnach protestierte Fraktionschef Volker Kauder bereits Ende der vergangenen Woche gegen einen entsprechenden Gesetzentwurf aus dem Familienministerium seiner Parteifreundin Ursula von der Leyen.

Von der Leyens Sprecherin Iris Bethge hatte zuvor gesagt, wegen der emotionalen Diskussion habe sich die Ministerin mit Bundeskanzlerin Angela Merkel auf eine Atempause verständigt. Von der Leyen wolle das Gesetz "nicht durchpeitschen", sei aber nach wie vor davon überzeugt, dass es sinnvoll sei, Heranwachsende freiwillig als Testkäufer einzusetzen.

Bethge betonte, der Vorschlag sei sowohl innerhalb der Bundesregierung als auch mit den Ländern abgestimmt gewesen. Auch Fachleute hielten Testkäufe durch Jugendliche für effektiv.

Runder Tisch im November

Eigentlich sollte das Kabinett an diesem Mittwoch die Änderungen am Jugendschutzgesetz beschließen. Nun soll ein runder Tisch voraussichtlich noch im November darüber beraten, wie die Kontrollmöglichkeiten der Behörden verbessert werden können. An den Beratungen sollen die Länder, die kommunalen Spitzenverbände und Jugendschutzverbände teilnehmen.

Die Politik müsse angesichts der steigenden Zahl von Alkoholexzessen handeln, da Alkohol für Kinder und Jugendliche zu leicht zugänglich sei, sagte Bethge. Für flächendeckende Kontrollen hätten die Behörden jedoch nicht genügend Personal.

Die Drogenbeauftragte der Unions-Bundestagsfraktion, Maria Eichhorn (CSU), sagte, Jugendliche als Testkäufer einzusetzen "kann man durchaus verantworten, weil dadurch viele Jugendliche geschützt werden können. Ich habe dagegen keine moralischen Bedenken, wenn die Eltern einverstanden sind und die Jugendlichen entsprechend vorbereitet werden". Man solle aber nochmals über deren Mindestalter diskutieren.

Bereits Testkäufe in Nordrhein-Westfalen

Auch der nordrhein-westfälische Familienminister Armin Laschet (CDU), der federführend für die Länder den Entwurf mit vorbereitete hat, will daran festhalten. "Ich halte es für richtig", sagte er dem WDR. Die Händler seien dafür verantwortlich, den Ausweis zu verlangen. "Das können Sie nur nachweisen, wenn man potentiell die Angst haben muss, hier ist jemand, der etwas kauft, der eigentlich nicht 18 Jahre alt ist."

In Nordrhein-Westfalen hat es bereits Testkäufe durch Jugendliche mit Einverständnis von deren Eltern gegeben. Die Koordinierung dieser Testkäufe habe in den Händen der Kommunen gelegen, sagte eine Sprecherin von Minister Laschet.

SPD-Generalsekretär Hubertus Heil begrüßte den Rückzieher von der Leyens. Die Ministerin habe nicht sauber gearbeitet, sagte er. Grünen-Chefin Claudia Roth kritisierte, Jugendliche als Hilfssheriffs der Ordnungsämter einzusetzen, sei Missbrauch. Von der Leyen habe sich offenbar keine Gedanken darüber gemacht, welche Einstellungen bei den Jugendlichen eingeübt würden.

FDP-Generalsekretär Dirk Niebel sagte, Kinder müssten geschützt werden, anstatt sie als "Staatspetzen" zu missbrauchen. Nach Angaben der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung ist der Anteil der 12- bis 17-jährigen Jugendlichen, die regelmäßig Alkohol konsumieren, seit 2005 wieder gestiegen und liegt derzeit bei 22 Prozent.

© SZ vom 16.10.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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