Jugend ohne Arbeit:Europas Wunde

Lesezeit: 1 min

Trotz milliardenschwerer Förderprogramme sind Millionen Menschen unter 25 Jahren ohne Stelle. Besonders schlimm ist es in Südeuropa.

Von Michael Bauchmüller und Alexander Mühlauer, Berlin/Brüssel

Der Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit kommt in Europa nur schleppend voran. Während in Deutschland die Quote der Erwerbslosen unter 25 Jahren mit 7,2 Prozent so niedrig ist wie in keinem anderen EU-Land außer Malta, leiden besonders junge Südeuropäer darunter, dass sie keinen Job finden. Am stärksten betroffen sind Jugendliche in Griechenland. Dort ist die Arbeitslosenquote mit mehr als 50 Prozent europaweit am höchsten, gefolgt von Spanien und Italien (siehe Grafik). Insgesamt waren im Juli mehr als 4,2 Millionen Jugendliche in der EU ohne Stelle. Das gab die Statistikbehörde Eurostat am Mittwoch bekannt. Im Vergleich zum Vorjahr sank die Quote junger Erwerbsloser im Euro-Raum um ein Prozent, in der gesamten EU um 1,4 Prozent.

(Foto: sz grafik)

Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) forderte vermehrte Investitionen in Europa, um das Wachstum anzukurbeln. "Die hohe Arbeitslosigkeit in Südeuropa, vor allem bei der Jugend, kann uns nicht ruhen lassen", sagte Gabriel der SZ. "Wir brauchen ein besseres Europa, das seine Versprechen auf Sicherheit und Wohlstand für die Menschen erfüllt." Nur dann könne es "der Jugend die Zukunftshoffnung zurückbringen". Auch die zuständige EU-Kommissarin Marianne Thyssen forderte mehr Anstrengungen. "Wir brauchen ein starkes politisches Engagement, damit wir die Früchte unserer Bemühungen auch ernten." Im Oktober will sie einen ersten Bericht über die EU-Job-Programme vorlegen. Im Rahmen des Europäischen Sozialfonds stehen dafür zwischen 2014 und 2020 insgesamt 12,7 Milliarden Euro zur Verfügung. Bislang wurden nach Angaben der Kommission 4,7 Milliarden Euro von den Mitgliedstaaten für konkrete beantragt. Doch trotz milliardenschwerer Förderprogramme stagniert die Jugendarbeitslosigkeit in vielen Ländern. Die Art der Berufsausbildung verschärft das Problem noch, denn anders als in Deutschland erfahren die Jugendlichen dort meist keine praktische, sondern nur eine theoretische Ausbildung. "Wenn sie im Anschluss daran keine Arbeit finden, ist die Qualifikation irgendwann weg", sagt Karl Brenke, Arbeitsmarktexperte beim Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Auch die von der EU ausgerufene "Jugendgarantie" werde oftmals nicht eingelöst. Sie sieht vor, dass alle Menschen unter 25 binnen vier Monaten ein Jobangebot erhalten, wenn sie ihre Ausbildung abgeschlossen haben oder arbeitslos wurden. Einziger Fortschritt: Die Dauer der Arbeitslosigkeit verkürzt sich. Nach Beobachtung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) findet knapp die Hälfte der Erwerbslosen binnen eines halben Jahres einen neuen Job. Oft allerdings auch das nur vorübergehend.

© SZ vom 01.09.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: