Juden in Deutschland:Kippa im Klassenzimmer

Lesezeit: 1 min

Antisemitismus: Vorurteilen schon in der Schule entgegenwirken. (Foto: Daniel Bockwoldt/dpa)

Die Schulminister und der Zentralrat der Juden wollen neue Konzepte gegen den Antisemitismus in Deutschland finden. Jüdische Geschichte soll im Schulunterricht künftig besser aufgearbeitet werden.

Von Johann Osel, Berlin

Im Kampf gegen Antisemitismus wollen die Schulminister und der Zentralrat der Juden in Deutschland gemeinsam neue Konzepte finden. Um die Vermittlung jüdischer Geschichte, Kultur und Religion im Unterricht zu verbessern, werde man mit dem Rat eine Arbeitsgruppe einsetzen, die im kommenden Jahr "Empfehlungen" für Schulen und Lehrer vorstellen soll, hieß es am Donnerstag in Berlin. Dort traf zuvor das Präsidium der Kultusministerkonferenz (KMK) mit dem Chef des Zentralrats, Josef Schuster, zusammen.

Die amtierende KMK-Präsidentin und sächsische Ministerin, Brunhild Kurth (CDU), erklärte: "Siebzig Jahre nach Ende der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft gibt es wieder eine wachsende Zahl jüdischer Gemeinden in Deutschland. Es kommen junge Israelis nach Berlin, um hier zu leben." Schon jetzt gebe es einen Austausch zwischen der KMK und Israel sowie der jüdischen Gemeinde. Die Empfehlungen sollen nun Impulse zum Beispiel für die Lehrerfortbildung, Gedenkstättenbesuche oder besondere Projekte setzen, eher weniger für Änderungen konkret bei den Lehrplänen. Kurth sprach von einer "Sensibilisierung" der Schulen insgesamt, zumal angesichts der religiös zunehmend vielfältigen Schülerschaft.

Schuster hatte kürzlich gewarnt, durch die Einwanderung vieler Flüchtlinge aus Ländern, in denen Israel zum Feindbild gehöre, könne der Antisemitismus in Deutschland zunehmen. Er forderte auch, das Bekenntnis zum Existenzrecht Israels müsse zum Wertekanon gehören, der den Ankömmlingen vermittelt werde. Flüchtlinge würden ein judenfeindliches Bild "nicht einfach an der deutschen Grenze aufgeben".

Diese Ängste des Zentralrats seien im Gespräch am Donnerstag "offen thematisiert" worden, bestätigte Kurth. Schulen müssten ihren Beitrag gegen Antisemitismus leisten, eine "authentische Diskussionskultur entwickeln" - auch wenn sie "nie die Generalreparaturwerkstatt der ganzen Gesellschaft" sein könnten. Josef Schuster sagte nach den Gesprächen: Es müssten etwa KZ-Besuche von Klassen so im Unterricht nachbereitet werden, "dass Lehrer mit dem Thema die junge Generation auch mit Blick auf unsere Einwanderungsgesellschaft erreichen können." Dem Zentralrat geht es aber um mehr: "Jüdisches Leben gibt es seit vielen Jahrhunderten in Deutschland. Das Judentum ist mehr als eine Opfergeschichte", so Schuster. Leider werde es in Geschichtsbüchern häufig auf diese Aspekte reduziert. Studien aus der Schulbuchforschung hatten tatsächlich schon mehrmals gerügt, dass Judentum im Unterricht meist nur unter dem Aspekt Verfolgung vorkomme. Einblicke in jüdisches Leben und Geschichte gebe es dagegen kaum.

© SZ vom 04.12.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: