Jerusalem beruft weitere 15.000 Reservisten ein:Israel will Süden des Libanon besetzen

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Die Armee soll das Gebiet so lange halten, bis eine internationale Friedenstruppe die Kontrolle übernimmt.

Thorsten Schmitz

Die israelische Regierung hat sich am Dienstag für eine Ausweitung der Libanon-Offensive ausgesprochen und die Entsendung Tausender weiterer Soldaten beschlossen. Rundfunkberichten zufolge sollen die Bodentruppen im Libanon 30 Kilometer weit bis zum Fluss Litani ins Hinterland der Hisbollah-Miliz vorstoßen und das Gebiet bis auf weiteres besetzt halten. Der Armeerundfunk meldete, in den kommenden Tagen würden 15 000 Reservisten einberufen.

Zuvor hatte Israels Premierminister Ehud Olmert eine vorzeitige Waffenruhe abgelehnt. Diese hatte US-Außenministerin Condoleezza Rice zu Beginn der Woche in Jerusalem in Aussicht gestellt. Olmert hatte hingegen am Montagabend gesagt, die Kämpfe würden so lange weitergehen, bis die Bedrohung Israels durch Raketen der Hisbollah beendet sowie die entführten Soldaten freigelassen worden seien.

Am Dienstagabend sagte Olmert allerdings, er halte einen Waffenstillstand in absehbarer Zeit für möglich: "Wir stehen am Beginn eines politischen Prozesses, der am Ende zu einem Waffenstillstand unter völlig neuen Bedingungen führen wird."

Syriens Soldaten in erhöhter Alarmbereitschaft

Nach den Worten von Infrastrukturminister Benjamin Ben-Elieser wird die Libanon-Offensive noch bis zu 14 Tage andauern. Israel werde das 30 Kilometer breite Gebiet so lange besetzt halten, bis eine internationale Truppe einsatzbereit sei und dafür sorge, dass die Hisbollah nicht dorthin zurückkehre. Die USA werden sich nach den Worten ihres Präsidenten George W. Bush "vermutlich nicht" an einer Friedenstruppe für den Südlibanon beteiligen. Dennoch werde sein Land bei Bedarf logistische Hilfe leisten.

Ungeachtet einer Feuerpause von 48 Stunden, die erst in der Nacht zum Mittwoch abgelaufen ist, griff Israels Luftwaffe nach libanesischen Angaben mehrere Ziele an. Israel hatte nach der weltweiten Empörung über den Angriff auf das südlibanesische Dorf Kana einer zweitägigen Waffenruhe zugestimmt. Bei dem Beschuss waren mehr als 50 Zivilisten getötet worden. Im Grenzgebiet lieferten sich israelische Soldaten und Hisbollah-Milizionäre heftige Feuergefechte.

Arabischen Fernsehsendern zufolge sollen dabei 35 israelische Soldaten getötet oder verwundet worden sein, Israel sprach von drei toten Soldaten und 25 Verletzten. Aus dem Verteidigungsministerium hieß es, die Luftangriffe Israels würden am Mittwoch wieder voll aufgenommen. Verteidigungsminister Amir Peretz sagte, Israel habe nicht die Absicht, Syrien anzugreifen. Syriens Staatschef Baschar el-Assad versetzte dennoch seine Streitkräfte in erhöhte Einsatzbereitschaft.

Die israelische Tageszeitung Haaretz meldete unter Berufung auf Regierungskreise, Israel sei zu einem Gefangenenaustausch bereit. Der Austausch der zwei von der Hisbollah entführten Soldaten gegen zwei von Israel inhaftierte Libanesen könne Teil eines Waffenstillstandsabkommens sein. Die EU-Außenminister forderten nach einer Krisensitzung in Brüssel "eine sofortige Einstellung der Feindseligkeiten, der eine dauerhafte Waffenruhe folgt".

© SZ vom 02.08.2006 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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