Jahresbericht des Bundesrechnungshofs:Umgang mit Steuergeldern "verantwortungslos und schlampig"

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Der Bund deckt nur noch 73 Prozent seiner Ausgaben über Steuereinnahmen, der Rest kommt über neue Schulden. Der Bundesrechnungshof hat deswegen die Haushaltspolitik von Finanzminister Eichel angeprangert und schärfere Verfassungsvorgaben zur Schuldenvermeidung gefordert.

Die Staatsfinanzen entwickelten "sich mit einer Dramatik, die immer noch unterschätzt wird", sagte Rechnungshofpräsident Dieter Engels am Dienstag in Berlin. Er warf Eichel vor, auf Kosten späterer Generationen zu wirtschaften.

In seinem Jahresbericht 2004 beklagte der Rechnungshof erneut öffentliche Verschwendung in Milliardenhöhe - trotz aller Sparbemühungen und der Haushaltskrise. Die Prüfer konnten laut Engels wieder 2,4 Milliarden Euro vergeudeter Bundesmittel nachweisen.

Es sei erschreckend, wie verantwortungslos und schlampig Staatsdiener in Zeiten knapper Kassen mit Steuergeldern umgingen.

Jeder fünfte Euro für Schuldendienst

Engels schlug vor, dass der Staat nur neue Schulden machen darf, wenn er gleichzeitig einen Plan vorlegt, wie er sie begleichen wird. Er schilderte den dramatischen Marsch der Bundesrepublik ins finanzielle Abseits.

Allein der Bund habe bis Anfang dieses Jahres Schulden von rund 819 Milliarden Euro aufgetürmt, Tendenz weiter steigend. Jeder fünfte Euro aus Steuereinnahmen gehe 2005 für die Bewältigung der Zinslast von 39 Milliarden Euro drauf.

Nur noch jeder achte Euro für Investitionen

Würde nur der Bund pro Jahr zehn Milliarden Euro in die Schuldentilgung stecken, wäre er erst in ungefähr 85 Jahren schuldenfrei. Dies würde auch nur dann funktionieren, wenn er in all der Zeit keinen einzigen neuen Kredit aufnimmt, wie Engels erläuterte.

Angesichts der Entwicklung müsse der Rechnungshof seine "traditionelle Zurückhaltung" überschreiten und die Misere aufzeigen, betonte Engels. Neuverschuldung, Defizite und Privatisierungserlöse erreichten bisher nicht gekannte Ausmaße.

Doch nur bleibende Werte würden es rechtfertigen, "unsere Kinder und Kindeskinder zu belasten. Aber von der Grundregel haben wir uns mehr und mehr entfernt." Inzwischen seien nur noch 13 Prozent der Steuereinnahmen für Investitionen reserviert. Der Bund könne gerade einmal noch 73 Prozent seiner Ausgaben mittels Steuereinnahmen decken. Die Lücke schließe die Regierung durch den Verkauf von Staatseigentum und Schulden.

Finanzministerium: Einseitige und überzogene Kritik

Das Grundgesetz schreibt vor, dass die Kreditaufnahme nicht über den Investitionen liegen darf. Mit dieser Vorgabe sei die Staatsverschuldung nicht zu stoppen. "Es ist daher höchste Zeit, über eine Kreditregel mit mehr Biss nachzudenken."

Der Verkauf von Staatseigentum zum Stopfen der Haushaltslöcher müsse beendet werden. Schließlich seien die Einnahmen aus der Veräußerung von Post- und Telekom-Aktien für Pensionen ehemaliger Mitarbeiter dieser Unternehmen vorgesehen.

Das Finanzministerium wies die Kritik als einseitig und überzogen zurück. Der Rechnungshof blende bei seiner Beurteilung diverse Fakten aus. Dazu zählten die Konjunkturkrise und die Blockade der Union beim Subventionsabbau. "Der Bundeshaushalt 2005 ist verfassungsgemäß und stabilitätsgerecht." Eichels Ziel bleibe ein schuldenfreier Etat.

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