60 Jahre Grundgesetz:"Weltweit werden wir darum beneidet"

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Der Bundestag feiert das Grundgesetz zu seinem Jubiläum. Aus der Opposition kamen dennoch Forderungen nach weitgehenden Reformen.

Der Bundestag hat das 60-jährige Bestehen des Grundgesetzes als einzigartige Erfolgsgeschichte gewürdigt. In einer dreistündigen Debatte erklärten Redner aller Fraktionen, dass sich die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland bewährt habe.

"Eine moderne, geachtete Demokratie": Der Bundestag feiert das Grundgesetz und sich selbst (Foto: Foto: ddp)

Redner der Koalition warnten davor, das 146 Artikel umfassende Regelwerk ohne Not auszudehnen und zu verwässern. Aus der Opposition kamen dennoch Forderungen nach weitgehenden Reformen: Die Linke verlangte, das Wirtschaftssystem neu zu definieren, die Grünen machten sich unter anderem für Volksentscheide und ein Wahlalter von 16 Jahren stark.

Das Grundgesetz war 1949 vom Parlamentarischen Rat im Auftrag der drei westlichen Besatzungsmächte innerhalb von neun Monaten erarbeitet und am 23. Mai feierlich verkündet worden. Diese Zeremonie gilt als Geburtsstunde der Bundesrepublik Deutschland.

Die offiziellen Feierlichkeiten finden nächste Woche statt. Am 22. Mai wird Bundespräsident Horst Köhler beim Staatsakt im Konzerthaus am Berliner Gendarmenmarkt vor 1.400 geladenen Gästen reden. Ein großes Fest zum Gründungsjubiläum ist für den 23. Mai, den eigentlichen Jahrestag, im Tiergarten zeitgleich mit der Bundespräsidentenwahl im Reichstagsgebäude geplant.

CDU/CSU-Fraktionschef Volker Kauder sagte in der Debatte, in den vergangenen Jahrzehnten sei "eine moderne, geachtete Demokratie" entstanden, auf die die Deutschen stolz sein könnten. Diese Erfolge dürften aber kein Grund sein, sich zufrieden zurückzulehnen. "Sie sind für uns Ansporn weiterzumachen." Auf der Basis des Grundgesetzes könnten schwierige Situationen wie die derzeitige Wirtschaftskrise gemeistert werden.

SPD-Chef Franz-Müntefering rief dazu auf, dass Grundgesetz nur zu ändern, wenn es es unbedingt notwendig ist. Die Verfassung müsse etwas anderes enthalten als das, "was in Gebrauchsanweisungen üblicherweise steht". Ähnlich äußerte sich CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer. "Nicht Quantität, sondern Qualität zeichnet unsere Verfassung aus", sagte er.

Auch Grünen-Fraktionschefin Renate Künast sagte, sie sei stolz auf die Verfassung. "Weltweit werden wir darum beneidet", sagte sie. Künast regte allerdings auch Änderungen wie die direkte Beteilung der Bevölkerung an politischen Entscheidungen durch Volksentscheide an.

Die Linke lobte die Verfassung ebenfalls. "Das Grundgesetz ist zweifellos eine hervorragende Verfassung", sagte Fraktionschef Gregor Gysi. Der Co-Vorsitzende Oskar Lafontaine plädierte aber für Änderungen und verlangte, den Begriff des Eigentums neu zu definieren. "Das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland verpflichtet uns zu einer anderen, zu einer neuen Wirtschaftsordnung", sagte er. "Es verpflichtet uns, mehr Freiheit und Demokratie zu wagen."

"Hoffnung für Millionen"

Die von Müntefering angestoßene Diskussion über eine neue gesamtdeutsche Verfassung spielte im Bundestag nur am Rande eine Rolle. Der SPD-Chef hatte Mitte im April in einem Interview moniert, dass viele Ostdeutsche immer noch das Gefühl hätten, ihnen sei die westdeutsche Verfassung "übergestülpt" worden.

In seiner Rede im Bundestag wiederholte er das zwar nicht, verwies aber auf den Artikel 146, nach dem das Grundgesetz an dem Tag seine Gültigkeit verliert, "an dem eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist". Dieser Artikel sollte Anlass dazu geben, die Werte des Grundgesetzes immer wieder mit der praktischen Politik abzugleichen, sagte Müntefering.

Der FDP-Politiker Wolfgang Gerhardt kritisierte die Interviewäußerungen Münteferings. "Das Grundgesetz ist niemandem übergestülpt worden, es war eine Hoffnung für Millionen", sagte er. Ähnlich äußerte sich der CSU-Politiker Ramsauer.

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