Italienische Mafia:Fallschirmjäger gegen die Camorra

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Italiens Innenminister Maroni sieht sein Land im Bürgerkrieg mit dem organisierten Verbrechen. Für den Kampf gegen die Mafia hat er jetzt 500 Soldaten mobilisiert.

Stefan Ulrich

Der italienische Innenminister Roberto Maroni sieht sein Land im Kriegszustand mit dem organisierten Verbrechen. "Wir stehen vor einem echten Bürgerkrieg, den die Camorra dem Staat erklärt hat, und der Staat muss mit sämtlichen Mitteln darauf antworten", sagte Maroni bei einer Anhörung vor dem Senat in Rom.

Italiens Innenminister Roberto Maroni will Soldaten gegen die Camorra einsetzen (Archivbild) (Foto: Foto: AP)

Zugleich setzte er im Kabinett durch, dass in den kommenden Tagen 500 Soldaten der Fallschirmjäger-Brigade "Folgore" in die Provinz Caserta nördlich von Neapel verlegt werden. Sie sollen "eine wirksamere Kontrolle der Territorien, die von der Kriminalität betroffen sind" ermöglichen.

Der Innenminister reagiert damit auf das Massaker, das ein Killerkommando der Camorra vergangene Woche in dem Ort Castelvolturno bei Caserta angerichtet hat. Dabei wurden sechs afrikanische Einwanderer erschossen. Die Polizei vermutet, die Mafia habe die Afrikaner ermordet, weil sie mit Drogen gehandelt hätten, ohne Abgaben an die Camorra zu leisten.

Maroni nannte die Tat einen "echten Akt des Terrorismus". Er kündigte an, die Geheimdienste zur Aufklärung einzusetzen. Zugleich forderte er ein schärferes Vorgehen der Justiz gegen Mafia-Verdächtige. Sie müssten in Untersuchungshaft bleiben und dürften nicht in Hausarrest entlassen werden.

Die Polizei hat diese Woche bereits einen der mutmaßlichen Täter des Massakers von Castelvolturno festgenommen. Der 29 Jahre alte Mann gilt als Drogendealer des Casalesi-Clans und stand bislang lediglich unter Hausarrest, was in Italien auf Kritik stieß.

Der Kampf gegen die Camorra hat nun auch zu einem Streit in der Regierung Berlusconi geführt. Verteidigungsminister Ignazio La Russa von der konservativen Partei Alleanza Nazionale sagte, er würde nicht wie der Innenminister von "Bürgerkrieg" sprechen. Durch solche Worte würde die Camorra lediglich aufgewertet.

Das Ziel der Verbrecher sei auch nicht der Staat, es seien andere Clans. Daher müsse man von einem "Bandenkrieg" sprechen. Maroni, welcher der regionalistischen Partei Lega Nord angehört, beschwerte sich daraufhin bei Premier Silvio Berlusconi über La Russa und drohte, falls dieser sich wieder so äußere, "stellt sich ein politisches Problem". Maroni und La Russa sind bereits mehrmals aneinandergeraten. Hintergrund dürfte ein Kompetenzgerangel der Ressorts sein, da in Italien zunehmend Soldaten für Polizeiaufgaben eingesetzt werden.

Die oppositionelle Demokratische Partei kritisierte die Entsendung der Fallschirmjäger nach Caserta als unzureichend. Nötig sei es, "in die Hölle hinabzusteigen und sich die Beziehungen zwischen Politik, Geschäftswelt und Verbrechertum anzuschauen". Zudem bräuchten die regulären Polizeikräfte mehr Personal, eine bessere Ausstattung und eine angemessene Besoldung.

Sprecher der Oppositionspartei "Italien der Werte" bezeichneten den Einsatz der Soldaten als "Propaganda-Spot". Die Regierung wolle überspielen, dass sie der Polizei drei Milliarden Euro und dem ganzen Justizbereich 4000 Stellen gestrichen habe.

© SZ vom 26.09.2008/aho - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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