Israel:Likud versetzt Scharon schwere Niederlage

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Mit knapp 60 Prozent der Stimmen haben die Mitglieder der Regierungspartei bei einem Referendum den Plan von Premierminister Ariel Scharon für einen Rückzug aus dem Gazastreifen zurückgewiesen. Nun steht Israel vor einer Regierungskrise.

Der israelische Rundfunk meldete am Montag, dass nach Angaben der Partei bei der Urabstimmung 39 Prozent der Wähler für den Plan gestimmt haben. Allerdings hatten sich weniger als 40 Prozent der 193.000 Likud-Mitglieder an der Abstimmung am Sonntag beteiligt. Als Scharon das Referendum ankündigte, verband er dies mit der Zusage das Ergebnis zu akzeptieren, seinen Plan aber weiter zu verfolgen.

Die Ablehnung seiner Pläne zum Abzug aus dem Gazastreifen und Teilen des Westjordanlandes durch die eigene Partei ist eine der schwersten politischen Schlappen, die Scharon seit seinem Amtsantritt im März 2001 einstecken musste. Der Regierungschef räumte die Abstimmungsniederlage inzwischen ein, schloss aber einen Rücktritt aus.

Regierungskrise erwartet

Beobachter vermuteten, dass Scharon in den nächsten Tagen das Kabinett umbilden wird. Auch wird erwartet, dass sich der Premier über das rechtlich und politisch nicht verbindliche Votum seiner Partei hinwegsetzen wird.

Dabei könnte ihm die niedrige Beteiligung der Likud-Mitglieder, die einer Quote von höchstens vier Prozent der israelischen Wahlberechtigten entsprach, als Begründung dienen.

Der Politik-Analyst Gerald Steinberg sagte: "Es wird für ein paar Wochen eine gewisse Regierungskrise geben." Scharon werde aber alternative Wege finden, um seinen grundsätzlichen Plan zu verwirklichen.

Anschlag beeinflusst Referendum

Ersten Analysen zufolge hat der am Sonntagmorgen erfolgte tödliche Angriff militanter Palästinenser auf eine schwangere jüdische Siedlerin und ihre vier Kinder im Gazastreifen entscheidend zu dem negativen Ergebnis beigetragen.

Die Abzugsgegner, darunter viele Siedler, haben das Vorhaben Scharons schon seit Wochen als "Sieg des Terrors" und eine Gefahr für Israel verurteilt. Sie feierten das Ergebnis am Sonntagabend als "Sieg über den Terror", wie Kabinettsminister Natan Scharanski es ausdrückte.

Scharons Plan sieht den vollständigen Rückzug aus dem Gazastreifen vor. Im Gegenzug sollen im Westjordanland die sechs größten israelischen Siedlungen erhalten und sogar noch ausgebaut werden, kleiner Siedlungen dagegen ebenfalls geräumt werden.

US-Präsident Bush hatte dem Plan seine Zustimmung gegeben, obwohl er nicht der so genannten Road Map, dem Friedensplan des internationalen Nahostquartetts entspricht.

Palästinenser fordern bilaterale Verhandlungen

Der palästinensische Ministerpräsident Ahmed Kurei nannte die Abstimmung bedeutungslos. Der einzige Weg zum Frieden liege in ernsthaften bilateralen Verhandlungen.

Die Palästinenser lehnen Scharons Plan ab und hatten kritisiert, die Likud-Mitglieder könnten nicht mit einer parteiinternen Abstimmung internationales Recht und Resolutionen des UN-Sicherheitsrates außer Kraft setzen.

Die Vereinigten Staaten zeigten sich enttäuscht über das Ergebnis. US-Präsident George W. Bush betrachte Scharons Plan weiterhin als wichtigen und mutigen Schritt zum Frieden, sagte der Sprecher des Weißen Hauses, Scott McClellan.

© sueddeutsche.de/AP/dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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