Israel:Empörung über Interview mit Rabin-Mörder

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Kurz vor dem 13. Todestag des früheren israelischen Regierungschefs Jizchak Rabin haben zwei TV-Sender Interviews mit seinem inhaftierten Mörder geführt. Nach massiven Protesten haben die privaten TV-Sender nun auf die Ausstrahlung verzichtet. Vorerst.

Die privaten Kanäle Zwei und Zehn kündigten an, dass sie die für Freitagabend geplante Sendung verschieben und den Vorfall zunächst untersuchen würden.

Politiker aller Parteien und Medien hatten entrüstet reagiert, nachdem bereits am Donnerstag Auszüge der geheim geführten Telefoninterviews mit dem ultra-orthodoxen Juden Jigal Amir gesendet wurden. Die Interviews waren ohne Genehmigung der Behörden wenige Tage geführt worden.

Der scheidende israelische Regierungschef Ehud Olmert begrüßte die Entscheidung der Fernsehsender. Die Interviews hätten "nichts mit Meinungsfreiheit zu tun", erklärte er.

Vielmehr hätte die Sendung einen großen Teil des Volks verletzt, da damit der Mörder unangemessen viel Aufmerksamkeit erhalten hätte. Amir wurde nach dem Gespräch in Einzelhaft in ein anderes Gefängnis verlegt, und er darf künftig weder telefonieren noch Besucher empfangen, wie die Behörden am Freitag mitteilten.

Vertreter des gesamten politischen Spektrums in Israel kritisierten am Freitag die beiden privaten Fernsehsender, die mit Amir telefonierten, ohne das Gefängnis zu informieren. Amir solle "unter keinen Umständen" an der öffentlichen Diskussion teilnehmen, sondern für den Rest seines Lebens im Gefängnis versauern, erklärte Verteidigungsminister Ehud Barak.

Der Chef der Nationalreligiösen Partei, Sevulun Orlev, warf den Sendern vor, die Ächtung Amirs dem "goldenen Kalb der Einschaltquoten" zu opfern.

Amir hatte Rabin am 4. November 1995 in Tel Aviv mit drei Schüssen in den Rücken getötet, um die Osloer Friedensvereinbarungen mit den Palästinensern zu sabotieren. Er wurde zu lebenslanger Haft verurteilt und zeigte bislang keinerlei Reue.

In dem Interview sagte Amir Channel 10 nach Senderinformationen, sein Entschluss sei durch Äußerungen von rechtsgerichteten Politikern und Armeeangehörigen, darunter der ehemalige Ministerpräsident Ariel Sharon und der frühere Generalstabschef Rafael Eitan, beeinflusst gewesen.

Rabin hatte 1993 das Osloer Friedensabkommen mit den Palästinensern unterzeichnet und dafür zusammen mit seinem damaligen Außenminister Shimon Peres und dem damaligen Palästinenserpräsidenten Jassir Arafat den Friedensnobelpreis verliehen bekommen.

© AFP/AP/lala/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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