Islamgesetz:Ein Islamgesetz ist eine populistische Schnapsidee

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Auf dem Messegelände der IT-Messe CeBIT in Hannover ist ein Gebetsraum für Muslime eingerichtet (Bild vom 20.03.2017). (Foto: dpa)

Die Probleme mit dem organisierten Islam in Deutschland sind offensichtlich. Aber es ist naiv zu glauben, man könne sie per Gesetz abschaffen.

Kommentar von Matthias Drobinski

Das Islamgesetz, das die CDU-Politiker Julia Klöckner und Jens Spahn da vorschlagen, ist eine populistische Schnapsidee - man kann das nicht besser sagen als mit den Worten des früheren CDU-Generalsekretärs Ruprecht Polenz. Ein solches Gesetz ist in Deutschland so überflüssig wie ein Christen-, Buddhisten- oder, man stockt, Judengesetz. Es würde nicht dem inneren Frieden dienen, sondern Misstrauen säen. Es würde die Religionsfreiheit einschränken und die Trennung von Staat und Kirche durchlöchern. Dass ausgerechnet Christdemokraten ein Problem mit diesen Verfassungsgrundsätzen haben, erstaunt schon.

Ja: Die Probleme sind offensichtlich, die es mit dem organisierten Islam in Deutschland gibt. Da gibt es aus Ankara entsandte Imame, die in staatlichem Auftrag spitzeln; es erweist sich der türkisch-islamische Moscheeverband Ditib immer mehr als politischer, von Ankara gesteuerter Verein. Da werden in Moscheen die Gläubigen aufgerufen, sich nicht zu sehr auf die sündige Welt der Deutschen einzulassen, da wächst die Zahl der Salafisten, bei denen die Grenze zwischen Fundamentalismus und Terrorismus verschwimmt.

Der Vorschlag würde den Islam zur Staatsreligion machen

Nur ist es naiv zu glauben, man könnte dies alles per Gesetz abschaffen, einen friedlichen, toleranten Islam dekretieren und dann die verbleibenden Fundamentalisten in Luft auflösen - fast so wie einst Aladin, der nur an seiner Lampe reiben musste, und der hilfreiche Geist war da. Auch deshalb klingen die Vorschläge von Klöckner und Spahn so wenig durchdacht. Deutsche Gesetze sollen über den religiösen Vorschriften stehen - als ob das nicht jetzt schon gelten würde. Es soll auf Deutsch gepredigt werden - als ob man nicht in allen Sprachen Hass predigen könnte. Das Verbot der Auslandsfinanzierung wäre ein diskriminierendes Sondergesetz: Für jüdische Gruppen aus den USA würde es wohl nicht gelten. Und selbstverständlich finanzieren die Kirchen christliche Gemeinden in aller Welt - und protestieren zu Recht, wenn China dies verbietet.

Es sollte den Anhängern eines Islamgesetzes zu denken geben, wie strikt die Kirchen den Vorschlag ablehnen. Selbst wenn ein solches Gesetz Millionen Euro Staatsgeld in Moscheebau, Religionslehrer- und Imamausbildung lenken würde (wovon Spahn und Klöckner nicht reden), bliebe das Grundproblem: Der Staat würde eine Staatsreligion schaffen - ausgerechnet eine islamische. Aus gutem Grund sieht dies die Verfassung nicht vor, organisieren die Religionen ihre Angelegenheiten selber, darf man lateinischen Messen oder arabischen Predigten lauschen, solange man die Gesetze des Landes achtet.

Deutschland soll Imame und Religionslehrer ausbilden, Anti-Fundamentalismus-Programme finanzieren, Moscheeverbände fördern, die sich auf das Land einlassen. Man sollte das Staat-Kirchen-Verhältnis zu einem Staat-Religionen-Verhältnis weiten. Dies würde Mühe und Geduld kosten. Doch die Hoffnung, schnell mal per Gesetz klären zu können, nach welcher Façon die Leute selig werden sollen, ist eine Illusion.

© SZ vom 05.04.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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