IS:Sorge um Libyen

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In Syrien und Irak hat die Terrormiliz an Boden verloren. Deshalb befürchtet der Westen, die Terroristen könnten sich auf Nordafrika konzentrieren.

Von Paul-Anton Krüger, Kairo

Im Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) rückt Libyen in den Vordergrund. Die Dschihadisten hätten zwar im Irak und in Syrien Territorium verloren, sagte US-Außenminister John Kerry bei einem Treffen einer Gruppe von 23 Staaten in Rom, die in verschiedenen Zusammensetzungen gegen den IS kämpfen. Dafür bedrohe der IS jetzt Libyen und versuche, die Ölindustrie als neue Einnahmequelle unter seine Kontrolle zu bringen.

Laut Kerry hat der IS im Irak 40 Prozent seiner Gebiete eingebüßt, in Syrien 20 Prozent; seit dem letzten Treffen der Kerngruppe im Juni hätten die irakischen Streitkräfte Ramadi zurückerobert, die Hauptstadt der von Sunniten bewohnten Provinz Anbar. Kerry bezog sich allerdings offenbar auf die maximale Ausdehnung des IS im August 2014. Nach Daten von IHS Country Risk verlor der IS im Jahr 2015 insgesamt nur 14 Prozent seiner Gebiete. Die Rückeroberung von Ramadi spielte dabei kaum eine Rolle, der Sieg hatte vor allem symbolischen Wert. "Die größten Verluste des IS sehen wir entlang der türkischen Grenze, wo kurdische Einheiten gegen den IS kämpfen", sagte IHS-Analyst Columb Strack der Süddeutschen Zeitung. Darüber hinaus hätten die irakischen Sicherheitskräfte gemeinsam mit schiitischen Milizen durch die Befreiung Tikrits und der Gegend bis zum 50 Kilometer nördlich gelegenen Ort Baiji, Standort einer wichtigen Raffinerie, wichtige Gebiete zurückgewonnen.

Die Offensive der Kurden ist zum Stehen gekommen

Die Offensive der Kurden, die Ende 2015 auch Gebiete im irakischen Sindschar-Gebirge zurückerobert hatten, ist inzwischen zum Stehen gekommen; die Kurden würden nun versuchen, ihre Positionen mit einem Graben gegen Selbstmordattentäter des IS zu schützen, die mit Autobomben angreifen, sagte Strack. In Bagdad wird dies mit großem Misstrauen verfolgt. Die schiitisch dominierte Zentralregierung sieht darin einen Versuch der Kurden, einseitig Grenzen zu ziehen und ihr Gebiete auszuweiten.

In Libyen will die Anti-IS-Allianz einer Ausdehnung der Terrorgruppe vorgreifen. Italiens Außenminister Paolo Gentiloni sagte, es bestehe das Risiko, dass die Niederlagen im Irak und teilweise auch in Syrien "einige IS-Kämpfer dazu bringen, nach Libyen weiterzuziehen. Dieses Risiko müssen wir in die Überlegungen einbeziehen". Westliche Geheimdienste sehen noch keine Anzeichen dafür, dass der IS seine Führung aus Raqqa in Syrien oder Mossul in Irak nach Libyen verlagert, wie US-Medien spekulierten. Eine Offensive zur Befreiung Mossuls, zweitgrößte Stadt Iraks, hat die Regierung in Bagdad immer wieder angekündigt, es ist aber nicht klar, wann sie beginnen könnte. Vor einer möglichen Militär-Intervention westlicher Staaten gegen den IS in Libyen wollen diese möglichst eine Anfrage einer Einheitsregierung, deren Bildung aber trotz eines von den UN vermittelten Abkommen noch auf sich warten lässt.

© SZ vom 03.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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