Iranischer Raketentest:Riskanter Radius

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Sie könnte Israel erreichen: Die iranische Schihab-3-Rakete hat nach Angaben eines Teheraner Regierungssprechers ihren abschließenden Versuchsflug bestanden und wird nun in das Arsenal der Streitkräfte aufgenommen.

Rudolph Chimelli

(SZ vom 08.07.2003) - Die Schihab 3 - auch genannt Selsal (Erdbeben) - soll eine Reichweite von 1200 bis 1500 Kilometer haben. Damit liegt theoretisch ein großer Teil des Nahen Ostens einschließlich Israels, der Türkei, der Golfregion und Teilen des Indischen Subkontinents in ihrem Zielbereich. Die Rakete soll einen Sprengkopf von 750 bis 1000 Kilo Gewicht tragen können.

Wie der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Hamid Resa Asefi, mitteilte, hat der erfolgreiche Raketentest bereits vor einigen Wochen stattgefunden. Asefi reagierte damit auf einen Bericht der israelischen Zeitung Haaretz.

"Daran ist nichts neu", betonte der Sprecher. "Die Reichweite entspricht dem, was schon früher mitgeteilt wurde. Die Israelis kommen nur ein bisschen spät mit ihrer Information." Trotz der Abwiegelung nannte Israel den Test "sehr Besorgnis erregend".

Noch Jahre von Atomwaffenfertigung entfernt

Eine entscheidende Veränderung des strategischen Gleichgewichts im Nahen Osten wird die Bereitstellung der Schihab-3 nicht mit sich bringen. Der militärische Wert einer Langstreckenrakete steht und fällt mit der Natur des Sprengkopfes.

Selbst nach den alarmierendsten Voraussagen ist Iran noch Jahre von der Fertigung von Atomwaffen entfernt. Ein konventioneller Sprengkopf wäre hingegen in seiner Wirkung nicht massiver als eine schwere Fliegerbombe: Der mögliche Schaden stünde in keinem Verhältnis zum technischen Aufwand.

Ferner stellt sich die Frage nach der Präzision des Steuersystems und damit nach der Treffsicherheit. Fünf oder sechs Versuche haben die Iraner mit der Schihab-3 unternommen, aber nur die Hälfte davon mit Erfolg.

Erster Flug 1998

Vor sechs Jahren hatten amerikanische Satelliten erstmals Probeläufe des Antriebs in einem Versuchslabor der Shahid Nemat Industrial Group südlich von Teheran registriert. Der erste Flug der Shihab-3 erfolgte im Juli 1998 und endete nach weniger als zwei Minuten - entweder durch technisches Versagen oder durch geplante Selbstzerstörung.

Nach einem geglückten Versuch vor drei Jahren hatte das iranische Staatsfernsehen unter Berufung auf das Teheraner Verteidigungsministerium behauptet, die Shihab-3-Rakete sei nicht zum Angriff auf andere Länder bestimmt. Der bis dahin letzte iranische Raketen-Versuch im Mai des vorigen Jahres, der ebenfalls von amerikanischen Satelliten aufgezeichnet wurde, war wieder ein Fehlschlag.

Die Schihab-3 ist eine Fortentwicklung der nordkoreanischen Nodong-1- Rakete, zu deren Konstruktion die Iraner ihrerseits Finanzhilfe geleistet hatten. Seit mehr als zehn Jahren hatte sich die Islamische Republik um Raketentechnik aus Nordkorea bemüht.

Geplante Lieferungen scheiterten damals daran, dass Washington die Nordkoreaner unter Druck setzte. In der zweiten Hälfte der neunziger Jahre dürfte etwa ein Dutzend Nodongs nach Iran gelangt sein. In Korea selbst ist die Nodong nur einmal geflogen, zwei weitere Versuche fanden in Pakistan statt.

Iran arbeitet noch an einer anderen Rakete, der Schihab-4. Diese ist jedoch angeblich nicht für militärische Aufgaben bestimmt, sondern zum Transport von Satelliten.

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