Iran:Clinton zweifelt an Teherans Atomprogramm

Lesezeit: 3 min

Präsident Ahmadinedschad hat Irans erste Nuklearbrennstoff-Fabrik eingeweiht - die letzte Stufe des Atomprogramms soll erreicht sein. US-Außenministerin Clinton ist skeptisch.

Wieder einmal Festtagsstimmung in Iran: Teheran begeht an diesem Donnerstag den "Nationalen Tag der Atomenergie". Und wie im Jahr 2008 nutzte Präsident Mahmud Ahmadinedschad auch diesmal die Gelegenheit, um seinem Volk - und der aufmerksam zuhörenden Welt - die neuen Entwicklungen im Atomprogramm zu verkünden.

Irans Präsident Mahmud Ahmadinedschad bei der Besichtigung der Nuklearbrennstoff-Fabrik in Isfahan. (Foto: Foto: Reuters)

Feierlich weihte Ahmadinedschad in Isfahan Irans erste angeblich betriebsbereite Nuklearbrennstoff-Fabrik ein. Die Anlage soll den 40-Megawatt-Forschungsreaktor in Arak, der offenbar spätestens 2010 in Betrieb genommen wird, unter anderem mit Brennstäben versorgen. Das Werk sei ausschließlich von iranischen Experten gebaut worden, hieß es.

Im Klartext bedeuten Ahmadinedschads "gute Nachrichten für sein Volk": Iran beherrscht nun den gesamten Prozess der Herstellung von Brennelementen. Dazu gehört neben der Anreicherung von Uran und der Herstellung von Uran-Pellets für Reaktoren auch die Herstellung von Brennstäben und deren Bündelung.

Der Chef des iranischen Atomprogramms, Gholamresa Aghasadeh, sagte: "Die letzte Stufe des Produktionskreislaufs ist erreicht worden." Ahmadinedschad verkündete zudem, dass Iran zwei neue Arten von Zentrifugen erfolgreich getestet habe - in der Atomanlage Natans.

US-Außenministerin Hillary Clinton äußerte sich skeptisch zu den vom Iran verkündeten Fortschritte in seinem Atomprogramm. In den vergangenen Jahren habe es "viele verschiedene Einschätzungen und Behauptungen" über das iranische Atomprogramm gegeben, sagte Clinton am Donnerstag. Zwischen den aktuellen Angaben der Regierung in Teheran und den Beobachtungen der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEA) von vor sieben Wochen gebe es "einen großen Unterschied", sagte Clinton.

"Die Diskussionen sind veraltet"

Exakt vor einem Jahr hörte die internationale Presse auch schon genau zu, als Ahmadinedschad erklärte, sein Land habe mit der Errichtung von 6000 Zentrifugen in der Anlage Natans begonnen. Amerikaner und Franzosen schlugen sofort Alarm.

Die Führung in Teheran, sagte der damalige Sprecher des Weißen Hauses, Gordon Johndroe, verletze damit mehrere Resolutionen des UN-Sicherheitsrats und riskiere weitere finanzielle und diplomatische Sanktionen. Auch Frankreichs Außenminister Bernard Kouchner verlangte, über eine Verschärfung der Sanktionen nachzudenken. Die iranische Regierung zeigte sich unbeirrt und stritt alle Vorwürfe ab, den Bau von Atomwaffen voranzutreiben.

Als große Lüge stufte Ahmadinedschad jüngst wieder in einem Spiegel-Interview die Behauptung ein, Iran baue an der Bombe. Das Atomprogramm und die Uran-Anreicherung diene ausschließlich der Energiegewinnung. US-Präsident Barack Obamas Forderung, die Uran-Anreicherung zu stoppen, erteilte Ahmadinedschad in dem Interview eine Absage: "Diese Diskussionen sind veraltet. Die Zeit dafür ist vorbei."

Bemühung um Annäherung

Auch in diesem Jahr ist die internationale Gemeinschaft alles andere als begeistert von den Nachrichten aus Teheran - den Beteuerungen Irans zum Trotz. Doch treffen die besorgniserregenden Töne nun zu einem Zeitpunkt ein, da sich die Lage zuletzt zu entspannen schien. Einen großen Anteil daran hat die neue US-Regierung.

Dass Obama in der Nahost-Diplomatie einen Bruch mit der Politik seines Vorgängers George W. Bush vorantreibt, hat er schon oft bewiesen. Er reichte unter anderem den Iranern in einer Videobotschaft zum persischen Frühlingsfest die Hand. Der Prozess der Annäherung, so der Präsident, komme nicht mit Drohungen voran.

"Stattdessen streben wir ein Engagement an, das ehrlich und in wechselseitigem Respekt begründet ist." Die Formulierung vom "wechselseitigen Respekt" wählte Obama nicht ohne Hintergedanken. Exakt diese Worte hatte zuvor auch Ahmadinedschad benutzt.

"Mit am Tisch sitzen"

Am Mittwoch dann der nächste Schritt in Richtung Entspannung, der nächste Schritt weg von der harten Linie Bushs: Die Amerikaner wollen von jetzt an "mit am Tisch sitzen", so heißt es aus dem US-Außenministerium, wenn die Vetomächte des UN-Sicherheitsrats, Deutschland und Iran über das umstrittene Atomprogramm sprechen. Außenministerin Clinton sagte: "Es gibt nichts Wichtigeres, als Iran davon zu überzeugen, seine Versuche aufzugeben, Atomwaffen zu bekommen."

Die USA hätten EU-Chefdiplomat Javier Solana gebeten, Iran zu einer neuen Gesprächsrunde einzuladen, sagte Außenamtssprecher Robert Wood. "Wenn Iran zustimmt, hoffen wir auf eine Gelegenheit, mit Iran ernsthaft zu beraten, wie der Stillstand der vergangenen Jahre überwunden werden kann."

Die Reaktion aus Teheran ließ nicht lange auf sich warten: Ahmadinedschad sagte bei der Eröffnung der Nuklearbrennstoff-Fabrik, er sei offen für Gespräche mit dem Westen: "Wir sind bereit, Gespräche zur Atomkraft mit dem Westen zu führen, aber diese Gespräche sollten auf dem Rechtsprinzip, dem Prinzip der Gleichheit und dem Respekt vor den nuklearen Rechten Irans fußen", sagte er. Iran habe alle internationalen Abkommen eingehalten und werde keine Abstriche von seinen internationalen Rechten dulden, betonte er. Alle Atom-Aktivitäten Irans stünden unter Aufsicht der Internationalen Atomenergie-Behörde.

Zuvor hatte Präsident Ahmadinedschad auch schon positiv Stellung bezogen zu Obamas Ruf nach einer atomwaffenfreien Welt. "Auch wir unterstützen eine weltweite atomare Entwaffnung und sind bereit, in dieser Hinsicht unseren Beitrag zu leisten." Das Hauptziel müsse jedoch sein, Länder mit nuklearen Waffen abzurüsten, "nicht das Blockieren von Ländern, die ihre eigene Atomkraft erzeugen wollen".

Die Anspielung dürfte Obama verstanden haben. Am Donnerstag zeigten sich die USA dann vorsichtig optimistisch. "Wir haben stets gesagt, dass der Iran ein Recht auf ein ziviles Atomprogramm hat, aber mit solch ein Programm ist mit Verantwortung verbunden", sagte Wood. Die internationale Gemeinschaft habe "erhebliche Sorgen" darüber, ob Teherans Nuklearprogramm tatsächlich friedlichen Zwecken diene.

© sueddeutsche.de/dpa/Reuters/gba - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: