Irak-Krieg und BND:Union kritisiert Steinmeier

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Vor Steinmeiers Auftritt beim BND-Untersuchungsausschuss stellt die Union seine Glaubwürdigkeit in Frage - und sieht das "Traumbild der SPD als Friedenspartei erschüttert".

Die Union sieht nach den Äußerungen eines ehemaligen US-Generals über eine aktive Rolle des Bundesnachrichtendienstes (BND) im Irak-Krieg die Glaubwürdigkeit von Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD) in Frage gestellt und will ihn bei seinem morgigen Auftritt vor dem BND-Untersuchungsausschuss nicht schonen.

Muss sich am Donnerstag dem Untersuchungsausschuss stellen: Vizekanzler Steinmeier (Foto: Foto: ddp)

CSU-Generalsekretär Karl-Theodor zu Guttenberg rief Steinmeier dazu auf, den jüngsten Vorwürfen zu begegnen. "Das Traumbild der SPD, eine Friedenspartei zu sein, ist erheblich erschüttert worden", sagte Guttenberg der Passauer Neuen Presse. Falls sich eine indirekte rot-grüne Beteiligung am Irak-Krieg 2003 als gegeben herausstelle, werde dies auch im kommenden Bundestagswahlkampf thematisiert werden. Je klarer Steinmeier den Vorwürfen begegne, desto weniger werde es ein Wahlkampfthema.

Auch der CSU-Bundestagsabgeordnete Hans-Peter Uhl übte Kritik. "Die rot-grüne Bundesregierung hat ihren klammheimlichen Beitrag zu diesem Krieg geleistet", sagte er der PNP. Steinmeier habe als damaliger, für die Geheimdienste zuständige Kanzleramtschef von dieser "Doppelstrategie" gewusst und sie gewollt.

Nach Informationen der Zeitung Die Welt soll der BND den USA im Irak jedoch weit weniger geholfen haben als jüngst vermutet. Das US-Hauptquartier in Katar sei nur mit stark gefilterten Informationen beliefert worden, berichtet das Blatt unter Berufung auf streng vertrauliche Protokolle des Auslandsgeheimdienstes.

Die Meldungen der beiden deutschen Agenten in Bagdad seien in der BND-Zentrale in Pullach abgeschwächt und zum Teil mit Informationen aus anderen Quellen ergänzt worden.

Der frühere US-General James Marks, der den Aufklärungsstab der Bodentruppen im Irak leitete, hatte dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel gesagt, die Beiträge zweier BND-Agenten aus Bagdad seien für den US-Einmarsch "extrem wichtig und wertvoll" sowie "detailliert und zuverlässig" gewesen.

Sie hätten sogar dazu geführt, dass die USA den Beginn des Krieges vorverlegt hätten, sagte Marks. Laut Magazin-Bericht leitete der General während des Feldzugs die Bodenaufklärung der US-Truppen. Nach Steinmeiers Darstellung sollten die in Bagdad verbliebenen BND-Mitarbeiter dagegen lediglich "ein Mindestmaß an eigenen Erkenntnissen über die Entwicklung im Irak und den Kriegsverlauf" erlangen.

Diese widersprüchlichen Angaben kritisierte am Dienstag unter anderem Unions-Fraktionsgeschäftsführer Norbert Röttgen in Berlin. "Das ist eine andere Qualität" und müsse aufgeklärt werden. "Es geht um die Glaubwürdigkeit von Herrn Steinmeier", betonte Röttgen.

Röttgen bestreitet wahltaktische Überlegungen

Steinmeier, der als Kanzleramtschef unter Rot-Grün auch verantwortlich für Arbeit der Geheimdienste war, muss am Donnerstag erneut vor dem BND-Untersuchungsausschuss aussagen. Die Regierung von Kanzler Gerhard Schröder hatte jegliche aktive Beteiligung am Irak-Krieg abgelehnt und stets erklärt, dass diese Linie eingehalten worden sei. Neben Steinmeier soll am Donnerstag auch sein Amtsvorgänger Joschka Fischer (Grüne) Rede und Antwort stehen.

Röttgen kündigte an, auch Ex-General Marks solle vor den Ausschuss geladen werden. Offen ist, ob die US-Regierung dem ehemaligen Soldaten eine Aussagegenehmigung erteilt. Zu möglichen Konsequenzen für die große Koalition und den Vizekanzler wollte sich Röttgen nicht äußern. Er bestritt auch wahltaktische Überlegungen der Union. Dennoch dürfte der umstrittene BND-Einsatz im Irak-Krieg für CDU und CSU ein wichtiger Angriffspunkt gegen den SPD-Kanzlerkandidaten für den Bundestagswahlkampf werden.

Auch die FDP-Opposition verlangte am Dienstag genauere Auskunft von Steinmeier. Der Obmann der Liberalen im Ausschuss, Max Stadler, kündigte außerdem an, US-General Marks zu einer Aussage vor dem Ausschuss bewegen zu wollen. Die Union gibt seiner Beobachtung nach ihre Zurückhaltung gegenüber Steinmeier offensichtlich auf und geht zur "Attacke" über.

© AFP/Reuters/dpa/ihe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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