Irak:"Chemie-Ali" gefasst

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US-Soldaten haben Ali Hassan el Maschid gefangen genommen, berichtet der US-Senders CNN. Auf der Liste der 55 meistgesuchten Helfer Saddams ist er die Nummer fünf. Der Cousin von Ex-Staatschef Saddam Hussein soll 1988 Giftgas gegen Kurden eingesetzt haben.

(SZ vom 22.08.2003) - Die US-Armee im Irak hat den als "Chemie-Ali" bekannten Vetter von Saddam Hussein, Ali Hassan al-Madschid, gefasst. Der Ex-General stand an fünfter Stelle auf der Liste jener 55 Mitglieder des vertriebenen Regimes Saddams, nach denen die Amerikaner in den letzten Wochen immer intensiver gesucht haben.

Zunächst hatten Amerikaner und Briten geglaubt, sie hätten al-Madschid während des Krieges in Basra am 7.April getötet. Anfang Juni hatte US-Verteidigungsminister Donald Rumsfeld aber von Hinweisen gesprochen, dass al-Madschid vielleicht doch am Leben sei.

Mit seiner Festnahme steigt die Zahl der getöteten oder verhafteten ranghohen Saddam-Getreuen auf 39.

Anders als Figuren wie Tarek Asis, dem früheren stellvertretenden Ministerpräsidenten, und Mohammed Sahaf, dem ehemaligen Außen- und Informationsminister, gehörte al-Madschid zum inneren Kreis der Führung um Saddam. Während des Irak-Kriegs war er Kommandeur der Südfront um Basra. Weil er bei den Irakern wegen seiner Verbrechen und seiner skrupellos angewendeten Gewalt so gefürchtet war, haben die irakischen Streitkräfte im Süden den Alliierten mehr Widerstand entgegen gesetzt als im Zentrum des Landes um Bagdad.

Al-Madschid war ein typisches Beispiel dafür, wie Saddam Hussein sein Regime um seine eigene Familie herum aufgebaut und abgesichert hat. Während der gesamten Zeit seiner Diktatur war al-Madschid neben den beiden Söhnen einer der Männer, denen Saddam am meisten vertraute - und denen er immer wieder den Auftrag gab, Regimegegner zu töten.

In den achtziger Jahren war al-Madschid verantwortlicher Kommandeur der Operation "Anfal". Damals wurden Hunderttausende Kurden umgesiedelt, vertrieben und ermordet - weil, wie die offizielle Begründung lautete, sie während des Krieges gegen Iran mit dem Erzfeind im Osten gemeinsame Sache gemacht hatten. In der Stadt Halabscha ging al-Madschid 1988 mit Giftgas gegen die Kurden vor. Mehrere tausend Männer, Frauen und Kinder wurden getötet.

Die Verbrechen an den Kurden wurden schnell auch im Westen bekannt. Doch weil man Saddam im Krieg gegen Ayatollah Khomeini unterstützte, beließ man es damals bei eher laschen Protesten. Der Genozid von Halabscha brachte al-Madschid den Namen "Chemie-Ali" ein. 1991 beauftragte Saddam seinen Verwandten, den Aufstand der Schiiten im Süden niederzuschlagen. Auch war al-Madschid daran beteiligt, die Sümpfe zwischen Euphrat und Tigris trocken zu legen und die Jahrtausende alte Kultur der Sumpfaraber auszurotten. In den Sümpfen hatten sich Deserteure und Regimegegner verschanzt.

Nach der Gefangennahme dieses hochrangigen Mitglieds des gefallenen Regimes steigen abermals die Hoffnungen, auch Saddam festzusetzen. Außer den Ende Juli getöteten Söhnen Udai und Qusai hatte allenfalls noch al-Madschid Informationen, wo sich der gestürzte Despot aufhält.

© Von Heiko Flottau - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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