Integration:Doch kein Schnellstart

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Der Ausbildung von Flüchtlingen zu Fachkräften stehen zahlreiche Hürden im Weg - echte und gefühlte.

Die meisten jungen Flüchtlinge können nach Einschätzung der deutschen Wirtschaft nicht schnell zu qualifizierten Arbeitnehmern ausgebildet werden. "Der Weg in die Ausbildung braucht Zeit - nach Erfahrungen der Betriebe etwa zwei Jahre", sagte der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags (DIHK), Eric Schweitzer. Dem DIHK zufolge gab es im Frühjahr fast 140 000 Beschäftigte aus Asylherkunftsländern, circa 30 000 mehr als ein Jahr zuvor. Zudem seien laut Hochrechnung etwa 10 000 junge Flüchtlinge in Ausbildung. "Allerdings handelt es sich hierbei in den wenigsten Fällen bereits um Flüchtlinge, die 2015 zu uns kamen", sagte Schweitzer. Vor allem fehlende Deutschkenntnisse und die Asylverfahren stünden dem schnellen Start in die Ausbildung entgegen.

Dass die Flüchtlinge Deutschlands Fachkräftemangel lindern könnten - das sehen auch mehr als die Hälfte der Deutschen skeptisch. Trotzdem befürworten sie mehrheitlich, dass der Staat in die Bildung der Geflüchteten investiert, hat eine Studie des Ifo-Instituts ergeben. Knapp acht von zehn Befragten schätzen den Bildungsstand der Geflüchteten eher gering bis sehr niedrig ein. Je schlechter gebildet die Befragten dabei selbst waren, desto niedriger schätzten sie auch die Qualifizierung der Flüchtlinge ein. Insgesamt hätten die Deutschen aber ein recht realistisches Bild, glaubt Ifo-Bildungsökonom Ludger Wößmann - auch, wenn es immer noch keine belastbaren Zahlen dazu gebe, wie gut Flüchtlinge qualifiziert sind.

Viele Maßnahmen für Integration sehen die Befragten positiv: Drei von vier befürworten staatlich geförderte Sprachkurse, eine Mehrheit kann sich eine Schulpflicht bis 21 vorstellen, wenn die Flüchtlinge keine ausreichenden Qualifikationen mitbringen. Damit geflüchtete Kinder in der Schule neben dem Unterricht gut betreut werden, plädieren 60 Prozent für mehr staatliche Mittel für Sozialarbeiter oder Sprachlehrer. Mehr als die Hälfte sprechen sich auch dafür aus, dass Flüchtlingskinder in den Kindergarten müssen - hilft doch der Kontakt zu Muttersprachlern, die Sprache besonders schnell zu lernen.

Uneinig sind die Deutschen sich jedoch, wenn es um die Ausbildung geht. So sind etwa nur 45 Prozent dafür, dass der Staat Kosten für die Ausbildung stemmt. Weniger als 40 Prozent wünschen sich eine verkürzte Ausbildung für Flüchtlinge. Dabei sei gerade das die einzige realistische Chance, vielen niedrig qualifizierten Flüchtlingen eine vernünftige Arbeit zu beschaffen, meint Wößmann. In der Schweiz funktioniere eine solche teilqualifizierende Ausbildung schon gut - hierzulande nutzten diese Option noch viel zu wenige Betriebe. Ein Fehler, wie er glaubt: In Bayern lasse sich bereits beobachten, dass viele Flüchtlinge die Ausbildung nicht schaffen. Einem Bericht der Welt zufolge hatten dort sieben von zehn Flüchtlingen vorzeitig abgebrochen. Das liegt laut Wößmann nicht nur an der Sprache und einem niedrigen Bildungsstand. Flüchtlinge, die nicht wissen, wie lange sie in Deutschland bleiben werden, seien nicht unbedingt bereit, drei volle Jahre in eine Ausbildung zu investieren, wenn sie anderswo mehr verdienen können.

Das Bundeskabinett hat derweil die zugesagte finanzielle Unterstützung für die Länder bei der Integration der Flüchtlinge beschlossen. "Wir bringen Entlastungen auf den Weg, die sich allein bis zum Jahr 2019 auf insgesamt knapp 20 Milliarden Euro belaufen", betonte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) in Berlin. Mit dem Beschluss setzt die Bundesregierung das Ergebnis eines Bund-Länder-Gipfels von Anfang Juli um.

© SZ vom 15.09.2016 / lou, dpa - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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