Im Profil:Charles Taylor

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Liberias regierender Kriegsfürst in der Defensive.

Michael Bitala

(SZ vom 27.06.2003) - Nach 14 Jahren scheint die Terrorherrschaft von Charles Taylor endlich zu Ende zu gehen. Es gibt kein Land mehr, in das er flüchten könnte, es gibt keinen Verbündeten mehr, der ihm zu Hilfe kommt. Und die Rebellen rücken immer weiter vor ins Zentrum von Monrovia, der Hauptstadt Liberias.

Doch der Präsident des westafrikanischen Landes gibt nicht auf. Lieber sterbe er, als dass er sich ergebe, verkündet er heroisch im Radio. Doch der Endkampf des Staatschefs ist für die geschundenen Liberianer nur eine weitere Katastrophe in ihrem endlosen Leid.

Es gibt kaum einen Präsidenten, der so berüchtigt ist wie Taylor. Der 55-Jährige behauptet zwar zurecht, dass er das bislang einzige Staatsoberhaupt Liberias sei, das über einen Hochschulabschluss verfügt und zudem demokratisch gewählt wurde. Doch er gilt als Pate des Terrors in Westafrika, als Urheber von Bürgerkriegen, die eine ganze Region ins Chaos gestürzt haben.

An Weihnachten 1989 marschierte der Warlord mit seiner Kindersoldaten-Miliz von der Elfenbeinküste aus in Liberia ein, seine Killer gingen dabei auch äußerst brutal gegen Zivilisten vor. Bei den Wahlen, die 1997 den Krieg vorübergehend beendeten, siegte Taylor mit mehr als 75 Prozent der Stimmen. Denn jeder im Land fürchtete, dass das Gemetzel weitergehen würde, wenn der Mann die Wahl nicht gewinnt.

Taylor gefällt sich in vielen Rollen. Er tritt gerne als Lebemann auf, mit Sonnenbrille und weißem Smoking. Er rühmt sich als gewiefter Ausbrecher aus dem Gefängnis von Massachusetts, wo er einst wegen Betrugs inhaftiert war. Er gibt den Baptistenprediger, der sich mit Jesus Christus vergleicht. Oder er agiert als eiskalter Kriegsherr. Und immer wieder hat er sich gar zum Friedensstifter stilisiert, der sich angeblich nichts mehr wünscht als Ruhe und Ordnung.

Sein auffälligstes Merkmal aber ist die Gier. Er will die unumschränkte Macht, was jede Verhandlung mit den Rebellen aussichtslos gemacht hat. Und er will unendlichen Reichtum. So war es dem Mann, dessen Vermögen auf bis zu drei Milliarden US-Dollar geschätzt wird, nicht genug, das Land Liberia und seine reichen Edelholzvorkommen auszubeuten. Er kontrollierte in den 90er Jahren auch die RUF-Rebellen im Nachbarland Sierra Leone. Sie ermordeten und verstümmelten Zivilisten, um sich die reichen Diamantenfelder zu sichern.

Die Edelsteine bekam Taylor, der die RUF-Rebellen dafür mit Waffen und Drogen versorgte. Deshalb wurde er Anfang Juni vom UN-Sondergericht in Sierra Leone wegen Kriegsverbrechen angeklagt. Die Schweiz hat seine Konten gesperrt, und die UN haben ein Diamanten- und Waffenembargo verhängt, zudem gilt ein Reiseverbot für Taylor.

Da sich im Mai sein engster Verbündeter Blaise Compaoré, Präsident in Burkina Faso und Partner im Waffenschmuggel, von ihm abgewandt hat, schwinden Taylors Chancen auf einen Machterhalt rapide. Doch die Tragödie Liberias dürfte auch ohne ihn weitergehen. Die Rebellen, die jetzt in Monrovia einrücken, gelten als genauso brutal wie Taylors Truppen.

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