Im Profil:Abdul Qadeer Khan, Vater der "islamischen Bombe"

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Der pakistanische Atomwissenschaftler gilt als Schlüsselfigur auf dem internationalen Schwarzmarkt für Atomtechnologie.

Von Hans Leyendecker

Doktor Abdul Qadeer Khan hat es in Pakistan zu Wohlstand und Ansehen gebracht: Der 67 Jahre alte Atomwissenschaftler besitzt allein in Islamabad vier Häuser, sein Landsitz in Bani Gala ist luxuriös, und nach Geheimdienstinformationen soll er auch Anteile an zwei Restaurants und einem Hotel mit dem Namen "Hendrina Khan" in Timbuktu, Mali, halten. Hendrina ist der Vorname seiner aus Holland stammenden Frau.

Weil mit seiner Hilfe Pakistan an die Atombombe gelangt war, wird der Wissenschaftler in seiner Heimat als "Vater der islamischen Bombe" verehrt. Wenn er früher zur Arbeit fuhr, begleitete ihn eine Motorradeskorte, als wäre er ein Armeeführer oder ein hochrangiges Regierungsmitglied. Der Nationalheld hat am Sonntagabend gestanden, geheime Informationen an Iran und Libyen weitergegeben zu haben, bereits am Samstag wurde er als Regierungsberater entlassen.

Sein Wohnsitz war schon vor Wochen von Sicherheitskräften abgeriegelt worden. Dem Nationalhelden wird sicher der Prozess gemacht. Gegenwärtig befindet sich Khan im Hausarrest. Drei seiner ehemaligen Mitarbeiter und drei niederrangige Militärs sind in Haft.

Seit ein paar Monaten steht fest, dass Pakistan, das mindestens 30 Atombomben besitzen soll, die Drehscheibe für einen weltweiten Schwarzhandel mit Nuklearwaffen war. Spuren der pakistanischen Nukleartechnologie, die ursprünglich von dem deutschen Wissenschaftler Gernot Zippe entwickelt wurde, fanden sich im Iran und in Libyen.

Der 1936 im indischen Bhopal geborene Khan hat offenbar bei diesem Schmuggel die Fäden gezogen. Mit Hilfe international agierender Geschäftsleute sollen pakistanische Atomtechniker ihr Wissen für viel Geld verkauft haben. Khan war Kopf des pakistanischen Atomprogramms.

Der Sturz des Abdul Qadeer Khan, der Mitte der siebziger Jahren in Holland Unterlagen über Atomtechnologie gestohlen und dann im pakistanischen Kahuta die größte Urananreicherungsanlage des Landes aufgebaut hatte, ist ein Politikum ersten Ranges. Auf Druck der Amerikaner war er zuvor schon von der Leitung der Khan Research Laboratories entfernt worden. Dennoch hatte ihn Staatspräsident Pervez Musharraf im Jahr 2001 zu seinem persönlichen Berater für Technik und Wissenschaft berufen, was dem Status eines Ministers entspricht.

Bei einem Besuch in Washington im Sommer 2002 soll der amerikanische Außenminister Colin Powell Präsident Musharraf aufgefordert haben, Khan festzunehmen, weil dieser am Atomschmuggel nach Nordkorea beteiligt gewesen sei. Es gebe Beweise. Der 1999 durch einen Putsch an die Macht gelangte Musharraf lehnte die Forderung zunächst ab

Khan hat auch in fundamentalistischen Kreisen viele Anhänger. Er ist Mitglied einer nationalreligiösen Partei, die nach dem 11. September verboten worden ist. Beim Militär hat er wichtige Unterstützer. Die Washington Post zitiert einen Armee-General: "Welcher Schaden soll Pakistan dadurch entstanden sein, dass Wissen über die Bombe auch an ein anderes islamisches Land weitergereicht wurde?"

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