Illegale Schulung libyscher Sicherheitskräfte:Polizist bestreitet Verrat

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Deutsche Polizisten sollen unerlaubt Sicherheitskräfte des libyschen Revolutionsführers al-Gaddafi trainiert und dabei Vertrauliches offenbart haben. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf ermittelt, ein Beschuldigter weist die Anschuldigungen zurück.

Johannes Nitschmann

Bei ihren illegalen Schulungen libyscher Sicherheitskräfte sollen nordrhein-westfälische Polizisten geheime Unterlagen ihrer heimischen Dienstbehörde verwendet haben. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf ermittelt aufgrund der eigenmächtigen Libyen-Einsätze gegen einen 48-jährigen Polizeibeamten wegen des Verrats von Dienstgeheimnissen.

Der Beschuldigte, der die Vorwürfe bestreitet, ist derzeit bei dem in Duisburg ansässigen Landesamt für zentrale polizeiliche Dienste (LZPD) tätig. Er stehe im Verdacht, zwischen 2005 und 2007 mit weiteren aktiven und pensionierten Polizeibeamten des Landes NRW und auch anderer Bundesländer "ohne Wissen der Dienstvorgesetzten Schulungsmaßnahmen in Libyen für die dortigen Polizeikräfte durchgeführt zu haben", erklärte Staatsanwalt Mathias Proyer am Freitag in Düsseldorf.

Das Training für die Sicherheitskräfte des libyschen Revolutionsführers Mummar al-Gaddafi sei laut Zeugenaussagen "unter Verwendung von Ausbildungsunterlagen" der NRW-Polizei durchgeführt worden, teilte die Staatsanwaltschaft mit. Offenbar gilt der 48-Jährige, der früher einem polizeilichen Spezialeinsatzkommando (SEK) angehörte, als einer der Drahtzieher der heiklen Libyen-Mission.

Gegen die übrigen aktiven und pensionierten SEK-Beamten, die auf eigene Rechnung libysche Sicherheitskräfte ausgebildet hatten, habe die Staatsanwaltschaft "von der Aufnahme von Ermittlungen abgesehen", erklärte Staatsanwalt Proyer. "Es liegen keine Erkenntnisse vor, dass die Beamten interne Kenntnisse an libysche Kräfte vermittelt haben."

Angeblich bis zu 15.000 Euro pro Einsatz

Nach den Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden in NRW sollen bundesweit über 30 aktive und ehemalige SEK-Beamte sowie Mitglieder der GSG 9 und Bundeswehrsoldaten an den Trainingslagern in Libyen mitgewirkt haben. Ein privates Bonner Sicherheitsunternehmen, dem offenbar ein ehemaliger GSG 9-Mitarbeiter zuarbeitet, soll die Polizeibeamten während ihres Urlaubs oder Sabbatjahres als Ausbildungs-Trainer an das autoritäre Gadaffi-Regime vermittelt haben.

Die Polizisten sollen für ihre Ausbildungs-Einsätze in Einzelfällen bis zu 15.000 Euro kassiert haben. Laut Westfalenblatt wurden die deutschen Polizeiausbilder auch mit Urlaubsaufenthalten in Tunesien geködert. Die deutschen Sicherheitskräfte sollen mit Gadaffis Polizisten Nahkampf, Personenschutz, Zugriffsvarianten sowie den Personen-Begleitschutz in Fahrzeugen trainiert haben. Nach Einschätzung des NRW-Innenministeriums sind dabei Dienstgeheimnisse verraten worden. Gegen acht NRW-Beamte läuft ein Disziplinarverfahren, sieben sind bereits versetzt worden.

"Keine Erkenntnisse"

Bei der Organisation der Trainingscamps wurden die Polizisten von einem Feldwebel der Bundeswehr unterstützt. Ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums bestätigte am Freitag gegenüber der SZ, ein Bundeswehrsoldat sei "wegen Vorbereitungshandlungen" für die Libyeneinsätze zwischenzeitlich vor dem Truppengericht angeklagt worden.

Ihm werde "Verstoß gegen die Grundpflicht zum treuen Dienen" sowie "die Beeinträchtigung von Achtung und Vertrauen" in die Bundeswehr vorgeworfen. Derzeit gebe es im Verteidigungsministerium aber "keine Anhaltspunkte dafür, dass weitere aktive Soldaten verstrickt" seien. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums erklärte, über eine Beteiligung aktiver GSG-9-Beamter lägen derzeit "keine Erkenntnisse" vor.

© SZ vom 5./6.4.2008/ihe - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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