Honorarreform:Zahlreiche Praxen bleiben geschlossen

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Bundesweite Ärzteproteste: Während in Baden-Württemberg viele Praxen geschlossen bleiben, streitet die Politik über das weitere Vorgehen.

Der Streit um die Ärztehonorare hat sich deutlich verschärft. In mehreren Bundesländern begannen die Mediziner mit Protestaktionen gegen die Einschnitte bei ihrer Bezahlung. Vor allem in Baden-Württemberg blieben viele Arztpraxen geschlossen.

In Baden-Württemberg haben mehr als 7000 Ärzte ihre Praxen geschlossen. (Foto: Foto: dpa)

Mit den Protestaktionen richten sich die Ärzte gegen die nach ihren Angaben erheblichen finanziellen Einbußen, die mit der Reform verbunden seien und in einzelnen Fällen bis zu 35 Prozent ausmachen sollen.

Aus Protest dagegen schlossen am Mittwoch alleine in Baden-Württemberg Tausende Mediziner ihre Praxen. Über 7000 niedergelassene Ärzte beteiligten sich an der Aktion, wie die Interessenvertretung Medi in Stuttgart mitteilte.

Besonders betroffen von den Praxisschließungen waren die Bereiche Nordbaden und Nordwürttemberg. Es sei ein Notfalldienst eingerichtet worden, hieß es. Zu einer Kundgebung am Nachmittag in der Stuttgarter Hanns-Martin-Schleyer-Halle haben sich mehr als 7000 der 16.000 niedergelassenen Ärzte aus dem Südwesten angemeldet. Weitere Protestaktionen gab es unter anderem in Nordrhein-Westfalen und Hamburg.

Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) forderte die Patienten auf, keinesfalls die von einigen Ärzten geforderte Vorkasse vor einer Behandlung zu leisten. Im ZDF-Morgenmagazin sagte die Politikerin: "Wenn Vorkasse verlangt wird, dreh dich um und geh".

Ärzte als Vertragspartner der Krankenkassen sollten ihren Auftrag erfüllen und dürften nicht auf dem Rücken der Patienten austragen, was an Zwistigkeiten innerhalb der Ärzteschaft zu klären sei. "Es kann nicht sein, dass ein Problem, das die Ärzte untereinander haben, auf dem Rücken der Patienten ausgetragen wird", sagte Schmidt. "Wer Vorkasse verlangt, sollte seine Zulassung zurückgeben."

Die Politik und die politisch Verantwortlichen hätten dafür gesorgt, dass im Vergleich zu 2007 über drei Milliarden Euro mehr für diese neue Honorarreform fließen. "Und jetzt haben wir es mit einem innerärztlichen Verteilungsproblem zu tun, das die Facharztgruppen unterschiedlich betrifft", fügte Schmidt hinzu.

Schmidt räumte aber eine "schlechte Informationspolitik an manchen Punkten" ein, "das sagt ja auch die KBV, man hätte vielleicht dort anders auch informieren müssen". Skeptisch äußerte sie sich zur Forderung des SPD-Bundestagsabgeordneten Karl Lauterbach nach Abschaffung der Kassenärztlichen Vereinigungen.

Die Kassenärztliche Bundesvereinigung forderte eine grundlegende Korrektur der Honorarreform zum 1. Juli. "Wir wollen den Beschluss zu den Regelleistungsvolumen vollständig überarbeiten"', sagte der KBV-Vorsitzende Andreas Köhler der Rheinischen Post. So könnte es für einzelne Leistungen regionale Zuschläge geben.

Zugleich will Köhler einen Schutz für kleine Arztgruppen erreichen. "Die Benachteiligung von Praxen mit kleinen Fallzahlen, aber einem weitreichenden Leistungsangebot, wollen wir beenden", sagte der KBV-Chef.

CSU-Chef Horst Seehofer pocht auf Korrekturen an der umstrittenen Reform der Ärzte-Honorierung. Dies habe nichts mit "Streithanselei" zu tun, sagte der bayerische Ministerpräsident bei der Eröffnung der Münchner Handwerksmesse. Vielmehr sei es seine Pflicht, auf die Nachteile für die Fachärzte im Freistaat zu reagieren. Diese hätten nun "flächendeckend" weniger Geld als vor der Reform.

Seehofer stellte die "Zurechnungsfähigkeit dieses Systems" in Frage. Bei der Honorarreform handele es sich um ein "politisches Kunstwerk besonderer Art". Deshalb wolle er, "dass das gestoppt wird und verändert wird".

© AP/dpa/ddp-bay/bica - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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