Holocaustgedenktag:"Die Welt hat zu wenig aus unserer Geschichte gelernt"

Lesezeit: 2 min

KZ-Überlebende haben anlässlich des Holocaustgedenktages die Menschen aufgefordert, den Kampf gegen die Nazi-Ideologie fortzuführen.

Robert Probst

Überlebende der Konzentrationslager haben die jungen Leute in Deutschland und Europa in einem schriftlichen "Vermächtnis" aufgefordert, "unseren Kampf gegen die Nazi-Ideologie und für eine gerechte, friedliche und tolerante Welt fortzuführen".

Besucher gehen über das Gelände des ehemaligen KZ Sachsenhausen. Die KZ-Gedenkstätten spielen eine große Rolle bei der Aufarbeitung der Geschichte. (Foto: Foto: ddp)

In der Erklärung verweisen die NS-Opfer auf das absehbare Ende ihrer Zeitzeugenschaft und mahnen: "Es schmerzt und empört uns sehr, heute feststellen zu müssen: Die Welt hat zu wenig aus unserer Geschichte gelernt." Das Vermächtnis wird am Dienstag - dem Holocaustgedenktag - an Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) übergeben.

In Berlin waren hochrangige Vertreter der internationalen Komitees, in denen die Überlebenden der KZ Auschwitz, Bergen-Belsen, Buchenwald, Dachau, Flossenbürg, Mittelbau-Dora, Neuengamme, Ravensbrück und Sachsenhausen organisiert sind, übers Wochenende zusammengekommen, um eine gemeinsame Erklärung auszuarbeiten.

Damit reagieren die teils weit über 80 Jahre alten NS-Opfer auf die Tatsache, dass die Häftlingsorganisationen nach und nach von Menschen übernommen werden, die die Lagerhaft nicht selbst erlitten haben.

"Die deutsche Regierung und die Bevölkerung haben sehr viel getan, und es hat sich viel zum Guten verändert", sagt Noach Flug, Präsident des Internationalen Auschwitz-Komitees. Doch es müsse "weitergekämpft" werden, irgendwann auch ohne die "letzten Augenzeugen". Diese fühlten sich verpflichtet, ihre "Forderungen und Erwartungen an die nachfolgenden Generationen zu richten".

Es geht den zehn Unterzeichnern vor allem um eine Welt, "in der Antisemitismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus keinen Platz haben". Sie hoffen und erwarten, dass die Bundesrepublik und ihre Bürger beim Erinnern und Gedenken an die Opfer der NS-Zeit "auch in Zukunft ihrer Verantwortung in besonderem Maße gerecht werden".

Eine "große Rolle" spielen laut Flug in dem Zusammenhang die KZ-Gedenkstätten. In der Erklärung wird gefordert, diese als authentische Orte, zeithistorische Museen und Lernorte "auf Dauer" zu erhalten. Besonders wichtig sei hier eine ausreichende pädagogische Betreuung der zahlreichen Besucher.

Auch vor einer politischen Instrumentalisierung des Gedenkens in Europa warnen die Überlebenden. Geschichte werde oft benutzt, um zwischen Völkern und Gruppen Zwietracht zu säen. "Wir wenden uns dagegen, dass Schuld gegeneinander aufgerechnet, Erfahrungen von Leid hierarchisiert, Opfer miteinander in Konkurrenz gebracht und historische Phasen miteinander vermischt werden", heißt es in der Erklärung.

Am 27. Januar 1945 hatte die Rote Armee auf ihrem Vormarsch Richtung Berlin die Überlebenden des Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau befreit - seither das Hauptsymbol des Holocaust. 1996 hatte der damalige Bundespräsident Roman Herzog den Tag zum nationalen Gedenktag erklärt, die Vereinten Nationen zogen 2005 mit einem internationalen Gedenktag nach. An diesem Dienstag erinnert der Bundestag in einer Feierstunde an das Leiden und Sterben von Millionen NS-Opfern, die Hauptrede hält Bundespräsident Horst Köhler.

© SZ vom 27.01.2009/gba/odg - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Holocaust
:Täter und Opfer des KZ Auschwitz

Täter und Opfer des KZ Auschwitz

Jetzt entdecken

Gutscheine: