Holocaust:"Ein Tag des Gedenkens, ein Tag der Feier des Lebens"

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Vor 60 Jahren befreiten die Alliierten in ganz Deutschland Tausende Menschen aus den Konzentrationslagern der Nazis. Bei Feierlichkeiten im ganzen Land gedenken heute Deutsche und Überlebende aus aller Welt der Opfer der Nazi-Herrschaft.

Zu einer Gedenkfeier auf dem Gelände des ehemaligen Konzentrationslagers Bergen-Belsen waren neben Politikern auch mehr als 500 Überlebende aus aller Welt gekommen.

Blumen auf einem Gedenkstein im KZ Bergen-Belsen. (Foto: Foto: dpa)

Der Präsident des Zentralrates der Juden in Deutschland, Paul Spiegel, rief dazu auf, Rechtsradikalismus weitaus entschiedener als bisher zu bekämpfen. "Antisemitismus und die Diskriminierung von Minderheiten stellen nicht nur in Deutschland, sondern auch in vielen anderen Staaten nach wie vor eine Ernst zu nehmende Gefahr dar", sagte Spiegel.

"Wir sind alle bewegt, hier zu sein"

An der Gedenkfeier nahmen unter anderem Verteidigungsminister Peter Struck und Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (beide SPD) sowie Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) teil. Unter den Überlebenden war auch die frühere Präsidentin des Europa-Parlaments, Simone Veil.

Sie sagte: "Wir sind alle sehr, sehr bewegt, hier zu sein." Keiner der früheren Häftlinge könne den Horror von Bergen-Belsen vergessen. "Es gab hier keine Gaskammern. Das war aber auch nicht nötig. Die Selektion erfolgte durch Typhus, Hunger und Durst."

Der Präsident der World Federation of Bergen-Belsen Associations, Sam Bloch, sagte: "Heute ist ein Tag des Gedenkens, aber auch ein Tag der Feier des Lebens."

"Beschämende Erinnerung, Verantwortung für die Zukunft"

In einer Zeit, in der immer noch Menschen den Holocaust verniedlichten oder sogar leugneten, sei das Gebot der Mahnung und Erinnerung wichtiger als je zuvor. "Solche Tragödien dürfen niemals wieder irgend jemandem irgendwo auf der Welt zustoßen."

Ministerpräsident Wulff betonte: "Aus der beschämenden Erinnerung erwächst für uns die Verantwortung für die Gegenwart und die Zukunft." Es bleibe eine gemeinsame generationenübergreifende Aufgabe, wachsam gegenüber jeder Form von Extremismus und Totalitarismus zu bleiben.

"In den Massengräbern Bergen-Belsens liegen Tote aus allen Ländern Europas. Bergen-Belsen ist in der Geschichte und im Gedenken ein Ort von europäischer Dimension."

Ein ehemaliger polnischer Häftling während der Gedenkfeier in Sachsenhausen. (Foto: Foto: ddp)

Grundstein für neues Holocaust-Museum

Im Konzentrationslager Bergen-Belsen im Kreis Celle waren während des Zweiten Weltkriegs rund 120 000 Menschen interniert. Rund 50 000 von ihnen starben während der Haft, weitere rund 14 000 in den Monaten nach der Befreiung an den Folgen von Krankheiten und Unterernährung. Britische Soldaten befreiten das Lager am 15. April 1945.

Seit 1952 ist auf dem Gelände eine Gedenkstätte eingerichtet. Im Rahmen der Gedenkfeier wurde dort der Grundstein für den Neubau eines weiteren Ausstellungsgebäudes gelegt. Dort soll in Zukunft nicht nur die Historie des KZ Bergen-Belsen, sondern die Geschichte des ganzen Holocaust dokumentiert werden.

Auf einer Gedenkfeier zur 60-jährigen Befreiung des KZ Sachsenhausen erinnerte Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) an die Verantwortung der Deutschen für den Holocaust erinnert.

Fischer: Erinnerung lebendig halten

"Es waren Deutsche, die das Menschheitsverbrechen der Schoah befohlen, organisiert und begangen haben", sagte Fischer laut einem vorab verbreiteten Redemanuskript.

Die Deutschen dürften sich der Verantwortung niemals entziehen. Es müsse alles daran gesetzt werden, "die Erinnerung an die furchtbaren Verbrechen des Nationalsozialismus gerade für die Nachgeborenen lebendig zu halten."

Fischer forderte einen entschlossenen Kampf gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Antisemitismus gefordert. "Überall, wo sich Intoleranz und Gewalt gegen Angehörige von Minderheiten oder gegen Andersdenkende richten, wird unsere Demokratie als Ganze beschädigt", sagte der Außenminister laut Manuskript. "Dagegen müssen wir uns entschlossen wehren."

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