Hickhack um Glos:Kein bayerischer Vorgarten

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Wenn CSU-Chef Seehofer im Lichte einer bevorstehenden Wirtschaftskrise keinen respektablen Vorschlag für die Glos-Nachfolge machen kann, dann muss ihn Kanzlerin Merkel einmal in die Schranken weisen.

Nico Fried

Die Kanzlerin, so wurde verbreitet, habe kein Interesse an einem Rücktritt ihres Wirtschaftsministers Michael Glos. Wer an einer Entwicklung kein Interesse hat, der sorgt sich, am Ende schlechter dazustehen als vorher. Angela Merkel wäre demnach ein Wirtschaftsminister Glos lieber als kein Wirtschaftsminister Glos. Man mag der Kanzlerin viel zutrauen, aber das konnte nicht ihr Ernst sein.

Angela Merkel und Horst Seehofer könnten in der Frage der Glos-Nachfolge aneinander geraten. (Foto: Foto: Getty)

Wenn es so gewesen wäre, dann hätte Merkel den Status Quo erhalten wollen: mit einem Michael Glos, der sein Amt noch nie mochte und es mittlerweile zweimal verzweifelt zur Verfügung gestellt hat; mit einem Wirtschaftsminister, der als schwach gilt - ein Eindruck, gegen den übrigens auch Merkel nie wirklich etwas unternommen hat.

An all dem will sie nichts ändern? Kurz vor den Debatten über das Konjunkturpaket im Bundestag soll alles so bleiben wie es ist? Natürlich nicht. Aber einstweilen bleibt der Kanzlerin nichts anderes übrig, als so zu tun; denn zunächst war sie den Kämpfen in der CSU ausgeliefert.

Und bei allem, was man gegen Michael Glos sagen kann, ist es doch sein großes, ja vielleicht sein bleibendes Verdienst, dass er einen Konflikt gewagt hat, dem Merkel seit Monaten aus dem Weg gegangen ist: den Konflikt mit Horst Seehofer.

Dass der neue Chef die CSU auf Befehl und Gehorsam trimmt, geht die Schwesterpartei vielleicht nichts an. Dass er sich aber nach seinem Ausscheiden aus dem Bundeskabinett als heimlicher Regierungschef in Berlin zurückmeldete, hätte den Widerspruch der Kanzlerin provozieren müssen. Aber da kam nichts. Es bedurfte eines Michael Glos, der nichts mehr zu verlieren hat, um Seehofers Allmachtsphantasien zu zerstören.

Die Kanzlerin muss nun entscheiden, ob auch für sie gilt: bis hierher und nicht weiter. Gewiss, die CSU schlägt ihre Minister selbst vor. Das war schon immer so. In einer Zeit allerdings, in der Merkel ohnehin wie eine Getriebene der kleinen Schwesterpartei wirkt, ist das besonders unangenehm.

Wenn Seehofer im Lichte einer bevorstehenden Wirtschaftskrise keinen respektablen Vorschlag für das Wirtschaftsressort machen kann, dann muss ihn auch die Kanzlerin einmal in die Schranken weisen. Es mag ein Ressort sein, das laut Koalitionsvereinbarung die CSU besetzt. Aber es ist Merkels Regierung - und nicht der Vorgarten Seehofers, wo er Figuren allein nach seinem Geschmack aufstellen kann.

Zur großen Umbildung des schwarzen Teils in ihrem Kabinett fehlt Merkel der Wille, weil dies die Krise der CSU endgültig auch zur Krise der CDU machen würde. Also wird es nur für das Wirtschaftsministerium eine Lösung geben.

Was aber in jedem Fall von diesen Tagen bleiben wird, ist der tiefe Blick in viele Schwächen der Union: personell sowieso, inhaltlich, aber auch was das Verhältnis von CDU und CSU, von Merkel und Seehofer betrifft. Angesichts dieser Perspektive könnte man die Kanzlerin sogar verstehen, wenn sie am liebsten alles gelassen hätte, wie es bisher war.

© SZ vom 09.02.2009/bosw - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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