Hessen:Massendemos gegen Kochs Sparpaket

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Mehr als 50.000 Menschen haben am Dienstag in ganz Hessen gegen das umstrittene Sparpaket von Ministerpräsident Roland Koch protestiert. Koch kündigte an, das Sparpaket im Umfang von rund einer Milliarde Euro werde trotz der Proteste wie geplant umgesetzt.

Nach übereinstimmenden Angaben von Polizei und Veranstaltern demonstrierten allein in Wiesbaden 45.000 Menschen gegen Kürzungen im Sozialbereich, längere Arbeitszeiten für Beamte und Studiengebühren. Im VW-Werk Baunatal bei Kassel legten rund 5500 Beschäftigte aus Protest für eine Stunde die Arbeit nieder.

Koch kündigte an, das Sparpaket im Umfang von rund einer Milliarde Euro werde trotz der Proteste wie geplant umgesetzt. Es werde Änderungen lediglich in Einzelbereichen geben. Die Landesregierung sei sich von Anfang an bewusst gewesen, dass die angekündigten Einsparungen für weite Teile der Bevölkerung einschneidende Folgen hätten, sagte Koch. Es gebe jedoch nur die Alternativen zu Sparen oder die Verschuldung in unverantwortlicher Weise in die Höhe zu treiben.

Mit 45.000 Demonstranten protestierten in Wiesbaden drei Mal so viele Menschen wie vom DGB als Veranstalter erwartet wurden. Es war die größte Protestversammlung in der hessischen Landeshauptstadt seit 22 Jahren. Auf zahlreichen Transparenten wurde der Ministerpräsident persönlich angegriffen. Zu lesen war unter anderem: "Koch - Bestatter des Sozialstaats", "Roland, deine Zeit läuft ab!" Oder "Roland Koch ins Bildungsloch".

Nach Angaben der Polizei, die den hessischen Landtag mit starken Kräften abschirmte, blieben die Proteste friedlich.

Allerdings verletzte sich während der Abschlusskundgebung eine 20-jährige Demonstrantin schwer. Die Frau war auf ein Kassenhäuschen geklettert, durch ein Glasdach gebrochen und drei Meter in die Tiefe gestürzt, wie die Polizei mitteilte.

DGB kritisiert beschäftigungspolitischen Kahlschlag

Der hessische DGB-Chef Stefan Körzell warf dem Ministerpräsidenten vor, eine Politik für die besser Verdienenden zu machen. Während soziale Beratungsstellen für rund 300.000 Menschen schließen müssten, könnten sich die Reichen weiterhin über Zuschüsse für die Frankfurter Galopprennbahn freuen.

Durch die Politik der Landesregierung blieben diejenigen auf der Strecke, die in der Krise auf die Hilfe des Staates angewiesen seien.

Körzell verwies auf Berechnungen des DGB, wonach durch das Sparpaket 15.400 Arbeitsplätze vernichtet werden, vor allem durch die Anhebung der Arbeitszeit für Beamte: "Dies nenne ich einen beschäftigungspolitischen Kahlschlag, Herr Koch."

Die Einführung von Studiengebühren sei weder sozial noch gerecht. Der DGB-Landesvorsitzende erinnerte daran, dass Koch eine Abgabe für nicht ausbildende Betriebe als zu bürokratisch ablehne. Der hessische Ministerpräsident habe aber "keine Probleme damit, für alle Studierende eine Verwaltungsgebühr von 50 Euro pro Semester einzuführen".

Koch räumte ein, dass die hessischen Beamten die Hauptlast des Sparpakets tragen sollen. Dies sei jedoch der Ausgleich für einen sicheren Arbeitsplatz. An die Adresse der Studenten sagte der Regierungschef, Hessen gebe in diesem Jahr so viel Geld für die Hochschulen aus wie noch nie. Der Ministerpräsident zeigte Verständnis für die Demonstration. Dies sei Teil der demokratischen Auseinandersetzung.

(sueddeutsche.de/dpa/AP)

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