Heppenheim:Odenwaldschule verkauft

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Nach einem Missbrauchsskandal war die Schule zahlungsunfähig. Jetzt geht sie an einen Investor.

Von Susanne Höll, Frankfurt

Die Historie des einstigen, inzwischen in Verruf geratenen Reforminternats Odenwaldschule als Bildungseinrichtung ist nun offenbar beendet. Ein Großteil des Geländes der früheren, mittlerweile insolventen südhessischen Schule wurde an einen Mannheimer Investor verkauft. Die Odenwaldschule war von einem Missbrauchsskandal betroffen, der lange verschwiegen worden war. Über den Preis und Details des Geländeverkaufs wurde nach Mitteilung der Insolvenzverwalterin Sylvia Rhein Stillschweigen vereinbart.

Bisher gibt es aber keine Anzeichen, dass das Gelände in der Gemeinde Heppenheim im Odenwald weiter als Bildungseinrichtung genutzt werden wird. Insolvenzverwalterin Rhein sagte der Süddeutschen Zeitung, in den Verhandlungen habe sich der Mannheimer Investor nicht über seine Pläne für das Arsenal geäußert. Der Käufer wolle "demnächst" seine Pläne für die künftige Nutzung des Areals vorstellen. "Von einer künftigen Schule war bei den Gesprächen nicht die Rede", sagte die Juristin. Damit dürfte die mehr als 100 Jahre alte Geschichte des Tals als Ort einst vorbildhafter Ausbildung endgültig besiegelt sein. Trotz intensiver Suche fand sich zuletzt keine Bildungsanstalt, die bereit war, die historischen Gebäude und das große Areal der inzwischen schlecht beleumdeten Odenwaldschule zu übernehmen.

Im Jahr 2010 war bekannt geworden, dass der ehemalige Leiter der Schule, Gerold Becker, mitsamt etlichen Lehrern in den letzten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts Schüler der Odenwaldschule sexuell missbraucht hatte. Dieser und andere Skandale an deutschen konfessionellen und weltlichen Einrichtungen lösten landesweit Entsetzen und Diskussionen über bessere Vorkehrungen gegen sexuelle Gewalt aus.

Die Odenwaldschule musste seither um Schüler kämpfen, die Zahl der Anmeldungen ging zurück. Weitere Zwischenfälle alarmierten die hessischen Aufsichtsbehörden. Die Schule versuchte mit einer neuen Leitung vergeblich einen Neustart - 2015 musste sie Insolvenz anmelden. Einige der historischen Immobilien wurden seither an ehemalige Schüler verkauft, die frühere Turnhalle mitsamt eines Nebengebäudes wurde von der Insolvenzverwaltung an einen Projektinvestor veräußert, der dort ein Einfamilienhaus errichten will. Den Rest übernimmt der Anleger aus Mannheim.

© SZ vom 25.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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