Haushaltspolitik:Erst weniger Schulden, dann weniger Steuern

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Wirtschaftsminister Glos steht mit seinem Vorschlag, die Steuern zu senken, in der großen Koalition allein auf weiter Flur. Bund und Länder wollen erst einmal die Schulden abbauen.

Die schwarz-rote Bundesregierung wird in dieser Legislaturperiode keine weiteren Steuern senken. Absolute Priorität habe die Konsolidierung des Staatshaushaltes, bekräftigten Regierungssprecher Ulrich Wilhelm und Finanzministeriumssprecher Torsten Albig am Mittwoch in Berlin.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) habe keinen Anlass, von dieser Prioritätensetzung der großen Koalition abzurücken, sagte Wilhelm. Mögliche andere Entscheidungen späterer Regierungen könne er nicht kommentieren, fügte Wilhelm hinzu.

Wilhelm und Albig reagierten damit auf die von Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) angestoßene Diskussion über Steuerentlastungen für Bürger. Wilhelm baute dem Wirtschaftsminister aber eine Brücke: Glos bewege sich mit seinen Interview-Äußerungen im Rahmen der Koalitionsbeschlüsse, so der Regierungssprecher. Mit seinen Überlegungen, nach der Konsolidierung der Haushalte in der kommenden Legislaturperiode möglicherweise die Lohn- und Einkommensteuern zu senken, referiere er im übrigen eine bekannte politische Position der Union.

1,5 Billionen Euro Schulden

Albig wies erneut auf den deutschen Schuldenberg von 1500 Milliarden Euro hin. Die Zinszahlungen dafür hinderten den Gesamtstaat Jahr für Jahr an weitergehenden Investitionen. Die derzeitige Rückführung der Neuverschuldung weise nur auf die Spitze eines Eisbergs hin, "der sehr leicht in der Lage ist, uns den Rumpf aufzureißen".

Auch die große Mehrheit der Bundesländer will zuerst die Staatsschulden abbauen, bevor die Steuern gesenkt werden können. Dafür sprachen sich einhellig alle elf Regierungschefs aus, die eine Umfrage der Bild-Zeitung zum Steuersenkungsvorschlag von Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) beantworteten. Fünf Regierungschefs nahmen nicht Stellung.

Ringstorff wirft Glos Populismus vor

Am positivsten reagierte Glos' Parteivorsitzender, Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber, auf den Vorschlag des Bundesministers: "Ich bin dafür, alle Spielräume für Steuersenkungen zu nutzen, wenn das wirtschaftliche Wachstum das zulässt und das Ziel des ausgeglichenen Haushalts dadurch nicht gefährdet wird", sagte er.

Baden-Württembergs Ministerpräsident Günter Oettinger (CDU) kann sich 2010 Steuersenkungen vorstellen: "Je konsequenter die Haushaltssanierung jetzt im Mittelpunkt steht und je weniger Programme und Ausgaben den Haushalt prägen, desto mehr besteht ein Spielraum für die Senkung von Lohn- und Einkommenssteuer für alle Bürger ab 2010." Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Wolfgang Böhmer (CDU) nannte Glos' Vorschlag "nicht realistisch".

Der SPD-Vorsitzende und rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck sagte: "Versprechungen für eine unbestimmte Zeit zu machen, 2009 oder irgendwann, ist nicht seriös und nicht solide." Bremens SPD-Bürgermeister Jens Böhrnsen erklärte, Glos' Vorschlag sei "in keinster Weise gegenfinanziert". Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Harald Ringstorff (SPD) sprach von "Populismus".

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