Hariri-Mord:Spuren führen zur Hisbollah

Lesezeit: 2 min

Die islamistische Miliz soll den früheren Premier des Libanons getötet haben - das bringt die Gruppe zwei Wochen vor der Wahl in Erklärungsnot.

Tomas Avenarius

Im Mordfall des früheren libanesischen Ministerpräsidenten gibt es eine neue Spur: Angeblich soll die Hisbollah Rafik al-Hariri getötet haben. Bisher wurde die syrische Regierung verdächtigt, für das Attentat verantwortlich zu sein. Der Hariri-Mord am 14. Februar 2005 hatte ein politisches Erdbeben im Nahen Osten verursacht.

Die Szenerie des Hariri-Mords in Beirut. (Foto: Foto: Reuters)

Nach jahrzehntelanger Besatzung des Libanons mussten sich die syrischen Truppen wegen Protesten der Bevölkerung aus dem Nachbarland zurückziehen. Zugleich kam in Beirut eine antisyrische, prowestliche Regierung an die Macht.

Der Spiegel berichtete nun, dass die Ermittler des Hariri-Tribunals in Den Haag auf Hinweise gestoßen seien, wonach nicht Syriens Führung das Attentat habe ausführen lassen. Verantwortlich sei dagegen die libanesische, pro-iranische Hisbollah. Ein Sprecher der Hisbollah bestritt dies allerdings am Sonntag.

Eine Sprecherin des Staatsanwalts beim Haager Tribunal wollte den Fall nicht kommentieren. Der Bericht über die neue Spur erfolgt zwei Wochen vor der Parlamentswahl im Libanon, bei der der Hisbollah bisher sehr gute Chancen zugesprochen werden.

Der Spiegel beruft sich auf ungenannte Quellen "im nahen Umfeld" des Haager Tribunals und auf "interne Akten". Danach soll eine Spezialeinheit der Hisbollah das Attentat ausgeführt haben, bei dem neben Hariri 22 weitere Menschen starben. Hisbollah habe den prowestlich orientierten Hariri gefürchtet. Dieser habe 2005 nach einer längeren Auszeit in die Politik zurückkehren wollen. Er habe eine Politik gegen Hisbollah und ihre Verbündeten Syrien und Iran geplant.

Dem Bericht zufolge ist es den Haager Ermittlern gelungen, den Mobilfunkverkehr in den Wochen vor dem Attentat auszuwerten. Einige wenige Telefone seien immer nur im Umfeld Hariris und rund um den späteren Tatort verwendet worden. Nach dem Attentat seien sie nie mehr aktiv gewesen. Ein libanesischer Polizeioberst habe dies aufgeschlüsselt. Er wurde im Januar 2008 aber Opfer eines Attentats. Angeblich ist Hisbollah auch dafür verantwortlich. Sie habe die Ermittlungen stören wollen. Aufgeflogen seien die Telefonkontakte, weil einer der Täter ein einziges Mal ein privates Gespräch geführt habe, um seine Freundin anzurufen.

Laut dem Spiegel soll der heutige Hisbollah-Militärkommandeur Hadj Salim die Tat geplant haben. Er habe direkt an Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah und den Chef der iranischen Revolutionsgarde General Qassem Suleimani berichtet. Das Magazin zitiert allerdings keine wörtlichen Auszüge aus den angeblichen internen Dokumenten.

Die Veröffentlichung könnte die Hisbollah unter erheblichen Erklärungsdruck bringen. Hariri ist bis heute überaus populär im Libanon. Die Hisbollah wird als iranische Marionette dargestellt, die auf Anordnung aus Teheran gegen libanesische Interessen handele. Die Frage ist, weshalb die Informationen gerade jetzt bekannt werden, und ob damit eine Beeinflussung der bevorstehenden Wahl bezweckt wird.

© SZ vom 25.05.2009/bilu - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: