Halbjahres-Bilanz:Europas Autokäufer halten VW die Treue

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Vor allem der Markt in China boomt, aber auch Europa ist für VW ein sicherer Kunde. Trotz der Dieselaffäre lieferte der Konzern im ersten Halbjahr mehr Autos aus - gewährte aber deutliche Preisnachlässe.

Von Thomas Fromm, München

Der Volkswagen-Konzern hat im Juni mit 883 400 Fahrzeugen weltweit über fünf Prozent mehr verkauft als vor einem Jahr - trotz der seit fast einem Jahr andauernden Affäre um manipulierte Abgasmessungen. Allein in Europa lieferte der Autokonzern mehr als vier Prozent mehr Fahrzeuge aus als noch vor der Dieselaffäre. Dies zeigt: Europas Kunden zeigen sich von dem Skandal offenbar unbeeindruckt und kaufen trotz der Diskussionen um überhöhte Stickoxidwerte in VW-Dieselfahrzeugen weiterhin Autos aus Wolfsburg.

Vor allem in China machten die Wolfsburger gute Geschäfte. Hier wurden im Juni 18,7 Prozent mehr Fahrzeuge ausgeliefert als im Juni 2015. In den USA, wo die Diesel-Affäre Mitte September ihren Anfang nahm, brach das Geschäft im Juni allerdings um mehr als elf Prozent ein. Dies zeigt: Hier ist der Imageschaden offenbar weitaus größer als in Asien oder Europa.

Insgesamt verkaufte VW mit 5,1 Millionen Autos im ersten Halbjahr sogar mehr als seine beiden größten Rivalen, der japanische Hersteller Toyota und die amerikanische Opel-Mutter General Motors. Experten führen dies allerdings auch auf verstärkte Eigenzulassungen zurück. Dabei werden Neuwagen kurzzeitig auf den Hersteller oder Händler zugelassen, um dann später billiger als Tageszulassungen und Gebrauchtwagen verkauft zu werden. Auch hohe Rabatte und Treueprämien hätten die Verkäufe angekurbelt. Weitere Details zur Umsatz- und Gewinnentwicklung will VW an diesem Donnerstag vorlegen.

Schon jetzt ist bekannt: Obwohl VW mehr Autos verkauft als vor der Affäre, bleibt unterm Strich weniger Gewinn hängen. Die juristischen Risiken sind derzeit wesentlich gravierender als der mögliche Imageverlust beim Kunden, den viele zunächst befürchtet hatten. VW-Kunden greifen trotz Diesel-Affäre zu - aber die rechtlichen Folgen schlagen jetzt auf die Gewinne. Diese aber sind für einen Großkonzern wie Volkswagen die wichtigste Kennzahl.

So war der Gewinn bei VW in den ersten sechs Monaten zwar von sieben auf 7,5 Milliarden Euro gestiegen - allerdings mussten die Wolfsburger wegen der Rechtsstreitigkeiten in den USA weitere 2,2 Milliarden Euro für mögliche Strafen zur Seite legen und damit vom Gewinn abziehen. Schon zuvor hatte das Unternehmen 16,2 Milliarden Euro zurückgelegt, um sich für die finanziellen Folgen der Affäre zu wappnen.

Allein für einen zuletzt mit US-Behörden und Hunderten Privatklägern ausgehandelten Vergleich muss VW nun an die 14 Milliarden Euro in die Hand nehmen. Mit dem Vergleich ist die lange Liste möglicher Strafen und Entschädigungen noch nicht abgearbeitet. Dem Unternehmen drohen weitere Klagen aus den US-Bundesstaaten Maryland, New York und Massachusetts, die VW vorwerfen, gegen Umweltgesetze verstoßen und Behörden getäuscht zu haben. Auch aus anderen Ländern drohen Belastungen in Milliardenhöhe. Insofern sind die Verkaufszahlen für die Wolfsburger zumindest eine halbwegs erfreuliche Nachricht in schwierigen Zeiten.

© SZ vom 28.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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