Gundrechte:Speichern, was das Zeug hält

Die herrschende Politik stößt auf den Widerstand der Gerichte und der Bundesnetzagentur.

Von Wolfgang Janisch

Vorratsdatenspeicherung? Der eine oder andere wird sich darüber wundern, dass dieses Uraltthema wieder einmal auf der politischen Agenda gelandet ist. Nachdem das Bundesverfassungsgericht 2010 die einst sehr umfangreiche Speicherpflicht für Telekommunikationsdaten beanstandet hatte, kam die Reform mit ihren kurzen Fristen doch einigermaßen zurückhaltend daher. Und jetzt steht sie schon wieder auf der Kippe?

Dass die Bundesnetzagentur die Speicherpflicht nun vorerst aussetzt, hat seine Wurzel in einer sehr grundsätzlichen Gegenreaktion auf das herrschende Sicherheitsparadigma. Der Europäische Gerichtshof hat es unternommen, die ausufernde Datensammelei prinzipiell infrage zu stellen. Das Aufhäufen riesiger Informationsberge aus den Daten unbescholtener Bürger verletzt die europäischen Grundrechte, weil es kein Sammeln ohne Verdacht und kein Speichern ohne Anlass geben darf. Diese neue rechtsstaatliche Linie des EuGH ist nun auch in Deutschland angekommen.

Die Pointe daran ist, dass dies in eine Zeit fällt, in der die Sicherheitspolitik das große Sammeln endgültig zum übergreifenden Prinzip erklären will. Ob beim Reisen in Flugzeugen oder beim Überschreiten der EU-Grenzen, es wird gespeichert, was das Zeug hält. Ende Juli urteilt der EuGH übrigens über das Thema Fluggastdaten. Eine weitere Gelegenheit zum Ausbau der Grundrechte.

© SZ vom 29.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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