Grünen-Parteitag zu Afghanistan:Die grünen Zwerge von Göttingen

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Auf ihrem Sonderparteitag zu Afghanistan haben alle fünf Ober-Grünen ihr Ansehen verspielt. Künast, Kuhn, Bütikofer, Roth und Trittin haben sich in Politzwerge verwandelt - doch an der grünen Macht-Arithmetik wird sich trotzdem nichts ändern.

Robert Roßmann

Normalerweile gelten auch in der Politik die Regeln der Börse: Wo ein Verlierer, da ist immer auch ein Gewinner. Die Grünen haben diese Regel jetzt spektakulär außer Kraft gesetzt - aber das ist auch schon das Einzige, was ihnen an diesem Wochenende gelungen ist. Auf ihrem Afghanistan-Parteitag haben alle fünf Ober-Grünen ihre Reputation verspielt. Renate Künast, Fritz Kuhn, Reinhard Bütikofer, Claudia Roth und Jürgen Trittin gingen gemeinsam unter, ohne dass ein neuer Konkurrent aufgetaucht wäre.

Vom Zauberer zum Zauberlehrling: Jürgen Trittin (Foto: Foto: ddp)

Damit wäre auch schon erklärt, warum das Desaster von Göttingen keine personellen Konsequenzen haben wird. Die Erben des Joschka Fischer haben sich in Polit-Zwerge verwandelt. Weil alle fünf gleichermaßen geschrumpft sind, hat sich an der grünen Macht-Arithmetik aber nichts geändert: Keiner ist stark genug, um sich durchzusetzen, und keiner schwach genug, dass ihn die anderen wegbeißen könnten. Die Diadochen-Kämpfe werden weitergehen, zum Leidwesen der Basis und zum Schaden der Partei.

Die Fraktionschefs Kuhn und Künast haben mit ihrer öffentlichen Vorfestlegung auf ein Ja zu den Tornado-Einsätzen die Delegierten brüskiert. Die Parteichefs Roth und Bütikofer waren wegen ihrer Zerstrittenheit nicht fähig, die Partei zu einen. Und Trittin hatte nur seine Ambitionen als Spitzenkandidat im Kopf. Dabei hat er sich dann auch noch gnadenlos verzockt. Aus dem Zauberer Trittin, der jeden Parteitag in Trance reden kann, wurde in Göttingen der Zauberlehrling.

Aus taktischen Gründen rief Trittin die Geister eines Ausstiegs aus Afghanistan - und wurde sie dann nicht mehr los. Auch weil er zu feige war, für den gemeinsamen Leitantrag der Führung in die Bütt zu gehen, als dieser in Gefahr geriet.

Eindrucksvolle Blamage

Ausgerechnet die Grünen fangen jetzt an, sich aus Afghanistan zu verabschieden. Keine deutsche Partei hat ein leidenschaftlicheres Verhältnis zu dem Land am Hindukusch. 2001 zerriss der Afghanistan-Einsatz fast die Partei. Joschka Fischer war als Erfinder der Petersberg-Konferenz ein Wegbereiter der gesamten Mission. Der afghanische Außenminister und der Chef der Kabuler UN-Mission sind Mitglieder der deutschen Grünen. Kein Wunder, dass unter den Anhängern der Grünen die Isaf-Mission mit fast 70Prozent die meisten Unterstützer zählt.

Um so ärgerlicher, dass wegen der Arroganz und Zerstrittenheit der Führung jetzt ausgerechnet die grünen Bundestagsabgeordneten der UN-mandatierten Isaf-Mission die Zustimmung verweigern sollen.

Nach dem Gau von Göttingen könnte jedes Führungsmitglied plausibel seinen Rücktritt begründen. Doch statt sich in Selbstkritik zu üben, attackieren sich die fünf an der Spitze jetzt öffentlich. Vom früheren US-Präsidenten Truman gibt es das schöne Wort: "If you can't convince them, confuse them!" Wenn du deine Leute nicht überzeugen kannst, dann verwirre sie wenigstens. Das hat die Grünen-Spitze geschafft - und sich damit eindrucksvoll blamiert.

© SZ vom 17.9.2007 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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